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Direktiv oder
partizipativ führen?

Gibt es einen optimalen Führungsstil, der am besten für die Erreichung der Unternehmensziele geeignet ist? Gibt es einen Führungsstil, der in der heutigen Zeit am besten ankommt? Die herrschende Meinung geht eindeutig in Richtung eines partizipativen Vorgehens bei der Erreichung von Unternehmenszielen. Es gibt aber auch viele Fälle, in denen sich eine direktive Führung als wesentlich effektiver erwiesen hat. Wie sieht ein offener, bewusster Umgang mit beiden Alternativen aus?

Authentisch bleiben! Welcher Typ sind Sie?

Aus externer Sicht ist es meistens relativ leicht zu erkennen, ob der CEO eines Unternehmens auf dem Weg zur Erreichung der Unternehmensziele eher direktiv oder eher partizipativ vorgeht. Der direktive Typ hat eine klare Vorstellung davon, was langfristig wichtig ist für das Unternehmen, was es fortzuführen gilt und was neu geschaffen werden muss. Er versteht die Produkte sowie die Technik und kümmert sich in diesem Sinne direkt mit den Verantwortlichen um die Umsetzung. Ihn findet man öfter in inhabergeführten Unternehmen, denn Inhaber sehen sich auf Grund ihrer Eigentümerrolle mehr in der Verantwortung, mit dieser inhaltlichen Klarheit ihr Unternehmen zu führen, als CEO's, die keine Eigentümer sind. Unter den zuletzt genannten CEO's findet man öfter den partizipativ orientierten Typ. Sein Ziel ist es, möglichst viele Mitarbeiter und Führungskräfte in die Festlegung der Unternehmensstrategie einzubeziehen und mit dem partizipativen Vorgehen die Unterstützung möglichst vieler zu gewinnen.
Zwischen den partizipativen und den direktiven Typen gibt es aber noch diejenigen CEO's, die eigentlich eine direktive Orientierung und eine klare Vorstellung zur langfristigen Entwicklung des Unternehmens haben, sich aber davor scheuen, den direktiven Weg zu gehen. Deshalb halten Sie sich mit ihren Vorstellungen erst einmal zurück und versuchen, im Rahmen eines partizipativen Vorgehens die Diskussion dahin zu steuern, dass am Ende alle mit dem, was er vorhat übereinstimmen. Der Moment der Wahrheit kommt für diese CEO's jedoch im Umsetzungsprozess. Dann haben sie meistens nicht die Geduld, um etwaige Verzögerungen und Fehler auszuhalten und greifen zu schnell ein. Diese Eingriffe setzen einen schleichenden Verlust an eigenständiger Umsetzung und an Verantwortlichkeit in Gang, der dazu führt, dass die gewünschten Ergebnisse nicht erreicht werden. Ein weiterer Misch-Typ ist häufig unter den neu in ein Unternehmen kommenden CEO's zu finden. Der Druck, sich in der Anfangsphase zu beweisen, verleitet viele neue CEO's dazu, direktiv vorzugehen und schnell Veränderungen anzugehen, obwohl sie noch kein vertieftes Verständnis der Produkte, der Kunden und der Kultur des Unternehmens haben. Wenn das Unternehmen kein Restrukturierungsfall ist und kein dringender strategischer Handlungsbedarf besteht, kann für den neuen CEO ein überwiegend direktives Vorgehen bereits der Anfang vom Ende sein. Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass er nie wirklich im Unternehmen ankommen und Fuß fassen wird.

Wie finden Sie die Führungsstrategie, die zu Ihnen passt?

Die oben beschriebene, kurze Typologie soll zeigen, dass es in diesem Zusammenhang nicht darum geht, eine Antwort auf die Frage zu finden, ob die partizipative oder die direktive Orientierung grundsätzlich die bessere ist. Diese Frage würde nur zu einer ergebnislosen Glaubensdiskussion führen.
Um eine passende, persönliche Strategie zu finden, geht es nur um zwei Fragen:
(1) Welche der beiden Orientierungen hat für wen und in welchem Kontext Vorrang?
(2) Wie muss diejenige Orientierung, die nicht den Vorrang hat, auf die erste ausgerichtet werden?
Aus der Beantwortung dieser beider Fragen ergeben sich zwei mögliche Führungsstrategien:
(A) Eine Vorgehensweise, die direktiv ausgerichtet ist und von dazu passenden, partizipativen Schritten unterstützt wird
(B) Eine Vorgehensweise, die partizipativ ausgerichtet ist und von dazu passenden, direktiven Schritten unterstützt wird

(A) Mehr direktiv als partizipativ: Die "Unternehmerstrategie"

Eine Führungsstrategie, die primär direktiv ausgerichtet ist, passt am besten zu CEO's, die konkret wissen, was sie wollen und zumindest eine grobe Vorstellung davon haben, wie sie das erreichen wollen. Sie zeichnen sich dadurch aus, dass es bei dem, was sie erreichen wollen, nicht um Renditeziele und "bla-bla-bla-Visionen" geht, sondern um konkrete unternehmerische Vorhaben, z.B. Produktkosten zu reduzieren, die Produktpalette zu erweitern, ausgewählte Auslandsmärkte zu erschließen, Geschäftsschwerpunkte zu verlagern oder die Wertschöpfungskette zu verlängern. Eine direktiv ausgerichtete Führungsstrategie ist darüber hinaus umso mehr sinnvoll, je mehr es darum geht, innerhalb eines bestimmten Zeitraums ein Ziel zu erreichen, das nur mit vielen unbequemen Schritten zu erreichen ist, z.B. bei Standortverlagerungen und bei tieferen Einschnitten in die Kostenstruktur. Direktiv zu agieren heißt, der CEO hat nicht nur langfristig wichtige Vorhaben für das Unternehmen vor Augen, sondern auch eine Vorstellung davon, welcher Beitrag von jedem Mitglied der Geschäftsleitung dazu geleistet werden muss. Zusammenarbeit in der Geschäftsleitung wird in diesem Fall insbesondere daran gemessen, wie gut jeder in der Geschäftsleitung verstanden hat, welche Unterstützung der CEO benötigt und was zu tun ist, um in die vorgegebene Richtung zu gehen. Unterstützen heißt in diesem Fall nicht "blinder Gehorsam", sondern konstruktiv, kritisches Mitgehen. Darüber hinaus müssen für den Erfolg der direktiven Vorgehensweise zwei wichtige Risiken beachtet werden, die den Erfolg der direktiven Vorgehensweise beeinträchtigen können:
(1) Unternehmensbereiche, die ihr Vorgehen nicht aufeinander abstimmen
(2) Defizite im vertikalen Informationsfluss (von oben nach unten und von unten nach oben) Diese Risiken können mit partizipativen Elementen minimiert werden. Sie bilden die Klammer gegen das Auseinanderdriften der Geschäftsführungsbereiche und sie sind gleichzeitig das "Schmiermittel" für eine reibungslose bereichs- und hierarchieübergreifende Zusammenarbeit. Das heißt für (1), die Führungskräfte aus allen Bereichen sollten mindestens zweimal pro Jahr zusammen kommen und neben Informationen aus der Geschäftsleitung die Gelegenheit erhalten, sich über ihr Vorgehen bereichs- und hierarchieübergreifend auszutauschen und zu vernetzen. Für einen optimalen vertikalen Informationsfluss (2) ist es wichtig, dass die Meetings, in denen die vertikale Regelkommunikation der einzelnen Bereiche läuft, zeitlich synchronisiert sind und die vertikale Informationsweitergabe auch wirklich in beiden Richtungen erfolgt.


(B) Mehr partizipativ als direktiv: Die "Motivationsstrategie"

Weitaus häufiger als eine primär direktive Führungsstrategie findet man die partizipativ ausgerichtete Führungsstrategie. Diese passt am besten zu CEO's, denen das Motivationsniveau und die Stimmung im Unternehmen besonders wichtig sind oder für CEO's, die neu von außen in das Unternehmen kommen. Die Menschen mitnehmen und Betroffene zu Beteiligten machen, steht beim partizipativen Ansatz im Mittelpunkt. Damit soll Verständnis für notwendige Anstrengungen geschaffen und die Eigeninitiative im Unternehmen gefördert werden. Ausgehend von einem Ziel für das möglichst hohe Übereinstimmung besteht, z.B. Marktanteile gewinnen, Marktführerschaft erreichen, werden die erforderlichen Projekte und Maßnahmen in bereichsübergreifenden Workshops und Projektgruppen gemeinsam entwickelt und vereinbart. Im Gegensatz zu der direktiven Führungsstrategie mischt sich die Geschäftsleitung bei einer mehr partizipativen Führungsstrategie inhaltlich nicht zu sehr ein, um denen, die für die Ausführung verantwortlich sind, möglichst viel inhaltlichen Gestaltungsfreiraum zu überlassen.
Die Risiken einer mehr partizipativen Führungsstrategie zeigen sich insbesondere im Umsetzungsprozess. Nachdem die gemeinsame Anfangseuphorie verflogen ist, nimmt der Ehrgeiz ab, die anspruchsvollen Projekt- oder Maßnahmenziele zu erreichen. In Folge werden die vereinbarten Ergebnisse immer öfter nicht erreicht.

Um diese Risiken möglichst gering zu halten, muss die Umsetzung der partizipativ entwickelten Strategien mit direktiven Elementen sichergestellt werden. Unüberlegtes Vorgehen, Nachlässigkeit und unzureichender Einsatz bei den Umsetzungsverantwortlichen müssen möglichst bei den ersten Erkennungszeichen angegangen und gemeinsam gelöst werden. Das heißt, die Geschäftsleitung muss die Umsetzungsverantwortlichen persönlich begleiten und bei jedem der unterstellten Bereichsleiter direkt dafür sorgen, dass diese ihre Führungskräfte und Mitarbeiter ebenfalls in der Umsetzung begleiten.

Fazit: Direktiv oder partizipativ zu führen ist keine Entweder-Oder-Entscheidung, sondern eine Frage der bewussten Kombination. Wer z.B. bisher dem allgemeinen Trend in Richtung partizipativer Führung gefolgt ist, kann durch einen bewussten Einsatz direktiver Schritte sein Managementergebnis verbessern. 

Herausgeber & Copyright: Johann Leitl

 

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