Leitlinie
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3 x 100% = 50%

Obwohl jedes Mitglied der Unternehmensleitung alleine 100% Wirkung mitbringt, liegt der Wirkungsgrad der Unternehmensleitung zusammen im Erreichen der Unternehmensziele oft nur im mittelmäßigen Bereich. Die im Unternehmen beobachtbare Mittelmäßigkeit ist ein Indikator dafür. Trotz hohem Arbeitseinsatz werden die gewünschten Ergebnisse erst viel später oder nur zum Teil erreicht. Es sieht so aus, als würde das Unternehmen mit angezogener Handbremse geführt. Was sind die Gründe für dieses Phänomen und wie kann es überwunden werden?

Wenn Alpha-Muster zum Hindernis werden

Wer auf der obersten Ebene des Unternehmens angekommen ist, hat dies in der Regel mit Durchsetzungsvermögen, Machtinstinkt, einem passenden persönlichen Netzwerk und mit der Erzielung hervorragender Ergebnisse erreicht. Das heißt, er oder sie ist ein sogenanntes Alphatier. Auf der obersten Führungsebene angekommen nutzen die Alpha-Eigenschaften und -Fähigkeiten, die geholfen haben, bis in die Unternehmensleitung zu kommen, vielleicht noch in der Führung des eigenen Ressorts. Alpha-Eigenschaften nutzen jedoch nicht für ein erfolgreiches Zusammenspiel in der Unternehmensleitung mit Kollegen, die auch auf ihre Alpha-Eigenschaften vertrauen. Die natürliche Tendenz unter Alphatieren, mit der Herausforderung der Zusammenarbeit auf der Geschäftsleitungsebene umzugehen ist es, sich von den anderen abzugrenzen und die Schnittflächen mit den anderen Bereichen möglichst gering zu halten. So entsteht Silo-Denken und die Tendenz zur Durchsetzung von Ressortegoismen. Abgrenzung passt jedoch nicht damit zusammen, dass alle wichtigen Vorhaben in einem Unternehmen nur bereichsübergreifend zu bewältigen sind. Viele Alphatiere erkennen die Dysfunktionalität ihrer Alpha-Eigenschaften in der Unternehmensleitung lange nicht oder gar nicht. Sie lassen diese harte Wahrheit erst an sich heran, wenn sie mit dem Zustand in der Unternehmensleitung so unzufrieden sind, dass sie offen dafür werden, den Schaden, den sie mit ihrem Verhalten verursachen, zu betrachten. Die Aufgabe, den Spiegel vorzuhalten bekommen dann meistens Berater. Die müssen für diese Aufgabe vor allem Unabhängigkeit und Stehvermögen mitbringen sowie den Zugang zu Informationen über konkrete Fehlentwicklungen aus dem Unternehmen erhalten.

Das "Duldungs-Kartell". Die Grundlage für Mittelmäßigkeit

Neben gegenseitiger Abgrenzung gibt es eine weitere, häufig anzutreffende Tendenz, mit der Herausforderung der Zusammenarbeit auf Geschäftsleitungsebene umzugehen: Das "Duldungs-Kartell". Die Führung eines Unternehmens birgt ein hohes, ständiges Konfliktpotential in der Unternehmensleitung. Das können z.B. Zielkonflikte sein, Konflikte über die passende Vorgehensweise zur Erreichung der Ziele oder persönliche Konflikte untereinander. Um sich gegenseitig zu schützen sowie sich und anderen Einigkeit und Geschlossenheit zu demonstrieren, wird immer wieder versucht, diese Konflikte zu meiden. So entsteht ein "Duldungs-Kartell" in der Unternehmensleitung, das über die Vorbildfunktion zum Modell für das ganze Unternehmen wird. Die Folge davon ist eine Unternehmenskultur, in der bei Entscheidungen zu schnell Kompromisse gesucht werden, in der Wert auf Harmonie gelegt wird und in der die Durchsetzung von Eigeninteressen sowie unbefriedigende Leistung geduldet werden. Dies alles sind die Grundlagen, auf denen sich Mittelmäßigkeit ausbreiten und zum Dauerzustand werden kann. Alle Versuche, Mittelmäßigkeit und Umsetzungsschwäche mit Führungskräfteentwicklung, Motivationsseminaren und Change Management zu verbessern, führen hier zu keiner signifikanten Verbesserung der mittelmäßigen Ergebnisse.

Die Logik des Misslingens durchbrechen

Solange die Unternehmensleitung sich nicht als Teil des Problems begreift und sich dem Problem nicht selbst offen stellen will, wird sich keine grundlegende Veränderung im Unternehmen ergeben. Viele Unternehmer und Unternehmensleitungen sehen darüber hinaus Selbstreflexion als Zeichen von Schwäche. Das ist durchaus nachvollziehbar, solange sich diese Selbstreflexion im "weichen" Bereich bewegt und es z.B. um Selbsterkenntnis über Persönlichkeits-Typologien geht. In diesem Fall wird das Duldungs-Kartell weiter bestehen bleiben. Folglich wird das Ergebnis der Selbstreflexion keine dauerhafte Veränderung, sondern nur verständnisvollere Kommunikation und neue Hoffnung auf die erforderliche Veränderung sein. Ein Zeichen von Stärke ist es dagegen, sich der harten Herausforderung zu stellen. Das heisst, sich den Spiegel der Dynamik des Misslingens und dessen kostspielige Folgen fürs Unternehmen vorhalten zu lassen und damit in die Auseinandersetzung untereinander einzusteigen. Je mehr diese Herausforderung gesucht wird, umso ernsthafter ist der Wunsch nach Verbesserung. Ohne diesen ernsthaften Wunsch wird sich das "Duldungs-Kartell" nicht öffnen. Dieser Schritt muss zuerst gemacht sein, um die Logik des Misslingens zu durchbrechen. Erst dann können weitere Herausforderungen folgen. Eine dieser Herausforderungen besteht darin, die Gedanken übereinander und persönliche Denkmodelle auf den Tisch zu bringen. Dabei geht es um einen reifen und professionellen Umgang mit Offenheit. Das heißt, jedes Mitglied der Unternehmensleitung kann im Beisein der Kollegen seine Gedanken und Überzeugungen über die Kollegen offen äußern und die Betroffenen nehmen dies offen als bisher unbekannte Information auf. Reife und professionelle Offenheit wird auf diese Weise geübt und bildet die Voraussetzung für die Bewältigung einer weiteren Herausforderung, dem Austragen von Konflikten. Jeder Konflikt, der sich in der Unternehmensleitung zeigt und dort unbearbeitet bleibt, wird sich im Unternehmen fortsetzen und immer wieder für entsprechende Reibungsverluste sorgen. Das heißt die Unternehmensleitung muss es sich zur Aufgabe machen, Konflikte, die sich in der Unternehmensleitung zeigen, anzugehen und so lange darüber sachlich zu streiten, bis eine gemeinsame Lösung gefunden ist, der alle in der Unternehmensleitung ehrlich zustimmen. Eine professionelle Streitkultur führt zu mehr Klarheit im Unternehmen und zu besseren Ergebnissen als eine Zufriedenheits- und Kompromisskultur.

Den Wirkungsgrad sichtbar machen

Um sich all diesen Herausforderungen zu stellen, besteht entweder bereits ein entsprechender Problemdruck in der gesamten Unternehmensleitung, oder es gibt den ausgeprägten Wunsch der gesamten Unternehmensleitung, das Beste fürs Unternehmen zu leisten. Oft sind jedoch diese Voraussetzungen nicht eindeutig gegeben und es gibt nur einen oder einige in der Unternehmensleitung, die den Problemdruck verspüren oder den Wunsch haben, das Beste für das Unternehmen zu leisten. In diesen Fällen kann es helfen, den Wirkungsgrad der Unternehmensleitung in Bezug auf die Erreichung der Unternehmensziele für die gesamte Unternehmensleitung transparent zu machen. Dazu ist eine Selbsteinschätzung der Unternehmensleitung und eine Fremdeinschätzung durch die zweite Führungsebene erforderlich. Die Einschätzung des Wirkungsgrades basiert auf einer persönlichen Bewertung der Unternehmensleitung mit 12 Kriterien, die sich aus folgenden vier Themen zusammen setzen: (1) Organisation der Zusammenarbeit in der Unternehmensleitung (2) Offenheit und Verständnis untereinander (3) Umgang mit Spannung und Konflikten (4) Fokussierung und Realitätsbezug.
Die erlebte Realität zu jedem Kriterium wird nicht mit einem schwer interpretierbaren Kontinuum z.B. von 1 bis 10 bewertet, sondern digital (adäquat/nicht adäquat) nach dem Prinzip "lieber ungefähr richtig, als präzise falsch". Mit der Summe der Bewertungen kann aus Eigen- und aus Fremdsicht ermittelt werden, wie weit der tatsächliche Wirkungsgrad von der 100%-Zielmarke entfernt ist. Damit existiert eine objektivierte Sicht auf Basis derer die Unternehmensleitung entscheiden kann, ob sie sich gemeinsam den Herausforderungen einer Verbesserung ihres Wirkungsgrades stellen will. Dies ist gleichzeitig eine Entscheidung gegen das "Duldungs-Kartell". Einen "weichen" Weg zur Verbesserung des Wirkungsgrades gibt es nicht.

Fazit

Die Verbesserung der Ergebnisse und des Wirkungsgrades der Unternehmensleitung muss sich mit völlig anderen Rahmenbedingungen und Gesetzmäßigkeiten auseinandersetzen als auf anderen Hierarchieebenen im Unternehmen. Die Dynamik von Gesamt- und Ressortverantwortung, die Verbindung von Geschäfts- und Menschenführung, sowie die hohe Alpha-Dichte, ist nur auf der obersten Unternehmensebene zu finden. Um aus dem Zusammenwirken dieser Faktoren eine Fortschritts-Dynamik zu entwickeln, ist eher ein direktes, herausforderndes Vorgehen erforderlich.

Herausgeber & Copyright: Johann Leitl

 

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