Stellen Sie sich vor, Sie sitzen mit fünf Personen aus der Geschäftsleitung in einem Seminarraum und es geht darum, die Ressortverteilung neu zu gestalten. Die Teilnehmer sind per Du und es herrscht ein freundlicher Umgangston. Aber bei der Ressortzuordnung einer Abteilung dreht sich die Diskussion, wie sie das lösen können seit Stunden im Kreis. Immer wieder geht es von vorne los und das Meeting endet ohne Ergebnis. In einem anderen Workshop stellt ein Mitglied der Geschäftsführung immer wieder Fragen an einen Kollegen, der jedoch ausweicht und die Fragen nicht beantwortet. Sobald sich eine Diskussion immer wieder im Kreis dreht, nicht aufeinander eingegangen wird, einer viel redet, oder einzelne Teilnehmer beharrlich schweigen, können Sie davon ausgehen, dass ein Elefant im Raum ist.
Der Wunsch nach harmonischer Zusammenarbeit, falsch verstandene Loyalität und die Angst, sich selbst zu schaden, sorgen dafür, dass der Elefant unsichtbar im Raum bleibt. Meistens sitzt der Elefant schon jahrelang auf Themen, wie mentale Überforderung, unzureichende Managementfähigkeiten, inadäquates Sozialverhalten oder wenig Empathie bei einem oder mehreren Mitgliedern der Geschäftsleitung. Die Folgen davon sind faule Kompromisse, einseitige Entscheidungen und Verzögerung von Entscheidungen. Das ist gefährlich, denn die Themen, auf denen der Elefant sitzt, bergen das Risiko von emotionalen Vulkanausbrüchen und gefährden dadurch den Zusammenhalt in der Geschäftsleitung. Doch solange solche Themen nicht auf den Tisch kommen, besteht die Gefahr, dass die Unternehmensführung auf der Stelle tritt und es kein Vorankommen gibt.
Der soziale und betriebswirtschaftliche Schaden, der daraus entsteht, ist immens: Verschleiß von Leistungsträgern, hohe verdeckte Ineffizienz und unfertige Projekte. Wie ein Auto, das mit angezogener Handbremse fährt. Es wird dadurch langsam, hat hohen Treibstoffverbrauch und hohe Instandhaltungskosten. Solange der Elefant aber unsichtbar bleibt, werden diese Schäden anderen Ursachen zugeschrieben. Die Tür zur Veränderung geht erst auf, wenn die Lage immer kritischer wird. Dazu gehören zunehmende persönliche Konflikte, kritisches Feedback bei Befragungen oder Unternehmenskrisen. Wenn der Schaden für das Unternehmen größer erscheint als die Angst vor persönlichem Schaden, dann ist der Wendepunkt erreicht.
Erst an diesem Punkt kann sich die Einsicht durchsetzen, dass es nicht mehr ausreicht, Probleme nur sachlich zu lösen. Hier muss auch die persönliche Ebene einbezogen werden. Wer das Thema direkt angehen will, der stellt dann auch gleich die Frage, ob es einen Elefanten im Raum gibt und wofür der steht. Wem dieses Vorgehen zu direkt ist, der kann mit folgender Frage beginnen: Wie geht es mir mit unserer Zusammenarbeit? Ein nächster Schritt in Richtung Offenheit und Ehrlichkeit könnte direktes Feedback von jedem zu jedem sein. Zwei Fragen dazu lauten: Was schätze ich an Dir und was macht es mir schwer, mit Dir gut zusammen zu arbeiten? Die Wirkung des Feedbacks lässt sich dadurch verstärken, dass derjenige, der das Feedback bekommen hat, anschließend sagt, was er verstanden hat. Falls dann immer noch jemand den Elefanten nicht sehen will, sollte derjenige den Raum kurz verlassen und die anderen sollten überlegen, wie das Feedback lauten muss, damit der Elefant auch für diese Person sichtbar wird.
Sobald das Elefanten-Hindernis aus dem Weg geräumt ist, sind die Beteiligten in vielen Fällen erleichtert. Alle sehen die Situation jetzt realistischer. Das hilft, die Zusammenarbeit in der Geschäftsleitung offen und direkt zu gestalten. Ohne Elefanten fällt es leichter, geeignete Strategien zur Erreichung der Unternehmensziele zu finden. Die daraus entstehenden Erfolgserlebnisse sind wichtige Bausteine für eine dauerhafte Motivation, den Raum elefantenfrei zu halten.
Herausgeber & Copyright: Johann Leitl
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