Leitlinie
deutsch   |   englisch

upload/Leitlinie-Label.jpg

Moderieren statt kontrollieren

Ehrgeizige Ziele wie Wachstum und Ertrag stehen weit oben auf der Agenda eines jeden Unternehmens, doch der Weg dorthin ist schwierig. Ein Grund liegt darin, dass die Verwirklichung der Ziele oft auf wenige Leistungsträger beschränkt bleibt. Die Konsequenz: Die Motivation der übrigen Mitarbeiter lässt nach und somit auch die Produktivität. Als Reaktion darauf wird der Druck auf alle erhöht, die Kontrolle nimmt zu. Fatale Folge: Der gewünschte Erfolg bleibt aus. Doch wie kann die Unternehmensleitung Kontrollen reduzieren und ihre Führungskräfte und Mitarbeiter dabei unterstützen, Gestaltungs-Spielräume sinnvoll zu nutzen?

Wer einen neuen Geist ruft...

Je mehr in der Unternehmensleitung der Wunsch wächst, Führungskräfte und Mitarbeiter zu involvieren und ihnen mehr Gestaltungs-Spielraum zu lassen, umso mehr bringt sie damit ihr eigenes Bild von Führung ins Wanken, bei dem es hauptsächlich darum geht, Ziele zu setzen, Aufgaben richtig zu verteilen und die Umsetzung zu kontrollieren. Eine andere Vorgehensweise ist erforderlich, um den genannten Wunsch zu erreichen. Eine Vorgehensweise, die bisher nur von wenigen Vorständen udn Geschäftsführern praktiziert wird: Die Moderation. Gemeint ist hier nicht die neutrale Moderation, wie sie üblicherweise im Konfliktmanagement angewendet wird, sondern eine Moderation, die gleichzeitig Orientierung gibt, involviert und klärende Prozesse (ein)leitet.

Moderation als Managementmethode

Manager versuchen häufig, ihre Führungskräfte und Mitarbeiter durch die Vorgabe interessanter Ziele oder durch ein überzeugendes, persönliches Auftreten zu "committen". Beides funktioniert oft nur mit manipulativen Mitteln. Moderatoren wissen dagegen, dass persönliches Engagement vor allem durch die Einbindung der Mitarbeiter in die Veränderungsprozesse und das ehrliche Zulassen von Gestaltungs-Spielräumen entsteht. Die Mitarbeiter brauchen den nötigen Freiraum, in dem sie ihre eigenen Erfahrungen machen und neue Ideen kreieren können, um diese schließlich umsetzen zu können.
"Facilitator", der englische Begriff für Moderator, bringt es auf den Punkt: to facilitate = etwas ermöglichen, unterstützen und dadurch: erleichtern. Der Facilitator eines Management-Meetings oder von Strategie- und Führungskräfte-Workshops nutzt diese Runden mit den Führungskräften idealerweise nicht nur für Information und Entscheidungen, sondern auch, um die Koordinationsfähigkeit, den Umgang mit Gestaltungs-Spielraum und den Umgang mit Offenheit zu üben, bevor es im täglichen Geschäft umgesetzt wird.

Gestaltungs-Spielräume schaffen, statt mit Druck und Angst führen

Um diesen Schritt zu gehen, ist es wichtig, sich vorher die Frage zu stellen: Warum wollen Manager kontrollieren? Sind sie von sich aus machthungrige Menschen, die unbedingt regieren wollen? Sind sie psychisch so bedürftig, weil sie unter der Beziehung zu ihren Vätern leiden? Oder sind sie einfach nur überambitioniert und auf berechnende Art unsensibel. Wahrscheinlich trifft keiner der genannten Punkte wirklich zu.
Diejenigen Vorgesetzten, die eine Kontrollstrategie verfolgen, werden von Anderen oft als manipulativ und machthungrig angesehen. Sie selbst aber denken von sich genau das Gegenteil. Viele kontrollorientierte Manager sehen sich selbst als gute Menschen, die einfach nur allzu oft missverstanden werden. Sie wollen keine Macht oder Kontrolle um ihrer selbst Willen. Aber warum tendieren Manager trotzdem zu kontrollierendem Verhalten? Zu allererst, weil sie überzeugt sind, Risiken zu sehen, die andere ihrer Einschätzung nach nicht ernst genug nehmen. Sie sind überzeugt, es würde vieles schief laufen, wenn sie die Dinge nicht im Griff behalten. Durch ihre Eingriffe wollen sie einfach nur jeden ihrer Mitarbeiter davor schützen solche Risiken einzugehen und dabei Schaden zu nehmen. Da sie von der Angst vor potenziellen Risiken getrieben sind, wird die alleinige Aufforderung, weniger zu kontrollieren, zunächst nicht viel an ihrer Strategie ändern. Sie müssen die Veränderungen wollen. Mittlerweile gibt es immer mehr Manager, die gerne die Kontrollposition in ihrem Unternehmen aufgeben und ihren Mitarbeitern mehr Gestaltungsfreiräume lassen möchten. Doch sie trauen sich nicht, diesen Schritt zu gehen. Sie haben dabei die Befürchtung, dass durch nachlassende Kontrolle nicht nur mehr Fehler gemacht werden, sondern auch die Leistung der Mitarbeiter sinkt und die Freiräume für Eigeninteressen genutzt werden könnten. Die Manager sehen dadurch den Erfolg des Unternehmens gefährdet. Die Angst vor Verlusten ist also wesentlich größer, als das Vertrauen in die Eigenverantwortlichkeit und Eigenmotivation der Führungskräfte und Mitarbeiter. Oftmals bestätigen sich diese Befürchtungen in dem Moment, in dem die Zügel locker gelassen werden. Dann wird es besonders schwer die Gestaltungs-Spielräume aufrechtzuerhalten. Wer diesen Weg trotzdem weiter gehen will, der wird die Erfahrung machen, dass es nur einen Ausweg aus der Kontrollorientierung gibt: Zu lernen, dass die potenziellen Risiken nur Annahmen über die Realität sind und zu lernen, dass sich diese Annahmen in der Realität oft nicht als zutreffend herausstellen.

Neue Wege gehen: Ein Beispiel

Ein Beispiel aus der Praxis soll dies verdeutlichen: Ein Vorstandsvorsitzender hatte sich vorgenommen, die Methode der Moderation auf die eigene Führungspraxis zu übertragen. Seine bisherige Überzeugung war: Die meisten seiner Führungskräfte sehen nicht, was erforderlich ist, um Erfolg zu haben und sie haben auch keine Lust, gemeinsam anzupacken. Diese Überzeugung hatte sich in dem Moment in Luft aufgelöst, als er gemerkt hat, dass vor allem die alten Kontrollstrukturen dafür verantwortlich waren, dass die Mitarbeiter ihre jeweiligen Fähigkeiten und ihr Wissen nicht optimal entwickeln und einbringen konnten.
Erst als er anfing seine Führungskräfte-Workshops selbst zu moderieren, konnte er feststellen, dass er aus Angst, die Kontrolle zu verlieren, die wahren Fähigkeiten seiner Mitarbeiter über viele Jahre hinweg falsch eingeschätzt hatte. Im Rahmen seiner Moderation konnte er seine kontrollierende Haltung aufgeben und zu einer offenen, unterstützenden Haltung wechseln. Ein Jahr später hat seine Mannschaft von sich aus die Ziele im Rahmen des Planungsprozesses über seine Ziel-Vorstellungen hinaus angesetzt und diese am Ende des Folge-Jahres sogar erreicht. Sein Wechsel zu einer offenen, unterstützenden Haltung zeigte sich zuerst darin, dass er anfing, im Rahmen seiner Moderation seinen Führungskräften Gestaltungs-Spielraum zu geben, damit sie selbst festlegen können, wie sie wichtige Herausforderungen ihres Unternehmens angehen wollen. Die Strategien, die dabei heraus kamen, entsprachen nicht immer den Vorstellungen des Vorstandsvorsitzenden, aber am Ende stimmten die Ergebnisse. So konnte er die Kontrolle und die Überzeugung aufgeben, dass alles so laufen muss, wie er es für richtig hält.
In dem genannten Beispiel hat sich gezeigt, dass der größere Freiraum zuerst die Unfähigkeit der Führungskräfte offenbarte, koordiniert vorzugehen. Das Risiko des Kontrollverlustes war jedoch im wahrsten Sinne des Wortes überschaubar, da die veränderte Haltung zunächst nur in den Führungskräfte-Workshops umgesetzt wurde und dort zu anderen Formen der Zusammenarbeit führte. Koordiniertes Vorgehen und der Umgang mit mehr Gestaltungs-Spielraum kann und sollte schrittweise geübt und erlernt werden. Allerdings nicht im realitätsfernen Rahmen eines Führungstrainings, sondern im Rahmen moderierter Sitzungen in der realen Praxis eines Unternehmens.

Gute Moderation macht Manager erfolgreicher

Viele denken, wer überzeugend präsentiert, der führt. Tatsächlich sind Präsentationen nur dann überzeugend, wenn der Präsentierende sich vorher versichert hat, dass die wichtigen Zuhörer auf seiner Seite stehen. Das wichtigste Erfolgsprinzip der Moderation lautet: Wer fragt, der führt! In diesem Fall ist es echte Führung. Wer mit gut überlegten Fragen in eine Moderation geht, legt damit die entscheidende Grundlage dafür, ob es eine offene Moderation oder nur ein einfacher Informationsaustausch wird. Fragen haben außer ihrer führenden Funktion den unschlagbaren Vorteil, dass sie den Informationsfluss umkehren. Der Manager, der Fragen stellt, wird dadurch informiert und ist nicht mehr derjenige, der selber informiert. In der Rolle des Moderators ist es damit leichter, Unstimmigkeiten und unerklärliche Diskrepanzen zu erkennen und zu beheben. Auf Basis dieser Erfahrungen macht es Sinn die Moderationstechnik Schritt für Schritt zu verbessern und auf den Einsatz in realen Führungssituationen anzupassen - ein notwendiger und sich lohnender Schritt auf dem Weg zum langfristigen Erfolg.

Herausgeber & Copyright: Johann Leitl

 

Selbst-Hilfe

Ausblick:

LEITLinie Seminare

- Angebot ist in Arbeit -