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Was wollen wir?
Die grundlegende Frage für unternehmerische Führung

In einer Zeit, in der Risikomanagement, Compliance und Reaktion auf äußere Zwänge das Management vieler Unternehmen beherrschen, scheint die unternehmerische Sicht immer mehr verloren zu gehen. Die unternehmerische Frage "was wollen wir" wird immer mehr dominiert von der Frage "was müssen wir". Kein Wunder, dass die Lust am Geschäft und am unternehmerischen Gestalten immer mehr verloren geht. Was ist erforderlich, um aus der Automatik dieser Negativ-Spirale herauszukommen?

Wer nicht weiß, was er unternehmerisch will, wird zum Getriebenen äußerer Umstände

Was wollen wir mit unserem Unternehmen erreichen? Wo wollen wir mit unserem Unternehmen hin? Diese Fragen gehören für viele Unternehmensleitungen zu den am schwierigsten zu beantwortenden Fragen. Das liegt daran, dass es vielen leichter fällt sofort zu sagen, welche Probleme gelöst werden müssen. Jedoch bei der Frage nach eigenen Vorhaben, unabhängig von äußeren Zwängen, fällt es vielen schwer, eine eigene Antwort zu finden. Deshalb machen es sich viele Unternehmensleitungen leicht und erklären die Überwindung des größten Problems zum wichtigsten unternehmerischen Ziel. Ein Unternehmen mit Problemdruck zu führen, erspart die Frage, ob die eigene Mannschaft mitziehen wird. Sie muss es einfach. Die zweithäufigste Reaktion bei fehlenden eigenen Antworten auf die unternehmerische Frage "was wollen wir", besteht darin, aus den Chancen und Risiken am Markt die wichtigsten Ziele des Unternehmens abzuleiten. Dies ist eine opportunistische Vorgehensweise, die nur Bestand hat, solange sich Markt und Wettbewerb entsprechend den Vorhersagen verhalten. Spekulationsgeschäfte funktionieren so, nicht jedoch unternehmerische Führung. Die äußeren Umstände am Markt übernehmen hier die Treiberrolle für die Führung des Unternehmens. Das führt sehr oft zu sinnloser Hektik und Überlastung im Unternehmen. Wer das nicht möchte, der muss sich der Schwierigkeit der oben gestellten unternehmerischen Fragen stellen.

Woher wissen wir, was wir unternehmerisch wollen?

Schwierig ist diese Frage deshalb zu beantworten, weil es viele allgemeine Vorstellungen gibt, was ein Unternehmen erreichen muss. Die Börsennachrichten geben z.B. vor, dass hohe Gewinne und erfolgreiche Vergrößerung durch Unternehmenskäufe am stärksten belohnt werden. Aufsichtsräte schließen sich diesem Denken häufig an. Einschlägige Magazine und Management-Bücher sind voll mit nachahmenswerten Geschichten von Unternehmen  und deren Erfolgen, z.B. Marktanteilsgewinne, Erschließung von Auslandsmärkten und Steigerung der Neuproduktentwicklung. Die Kunst besteht darin, sich von diesen allgemein erwünschten Vorgaben und von dem allgemeinen "Management-Bla-Bla" zu lösen und sich zuerst auf das zu konzentrieren, wofür das eigene Unternehmen steht. Erst auf dieser Basis kann sich unternehmerischer Gestaltungswille entwickeln und können entsprechende unternehmensindividuelle Vorhaben entstehen. Oft braucht es Zeit und mehrere Versuche bis sich in einer Unternehmensleitung der eigene Gestaltungswille entfaltet und eine klare, konkrete Vorstellung davon entsteht, was für alle zusammen der Ziel-Zustand ist, an dem sei mit ihrem Unternehmen ankommen wollen. Die Gewissheit einer Unternehmensleitung darüber, was sie unternehmerisch will, ist umso klarer, je besser jedes Mitglied verstanden hat, wozu das Unternehmen existiert. Das führt dann automatisch zu dem Wunsch, diesen Existenzgrund in einer zeitgemäßen Form umzusetzen. Die Vorhaben, die daraus entstehen, haben meistens einen sehr unternehmensindividuellen Charakter und sind sehr ehrgeizig.

Geben wir auf, was wir wollen, wenn wir am Anfang nicht wissen, wie wir es erreichen?


Je ehrgeiziger diese unternehmerischen Vorhaben sind, umso weniger ist am Anfang klar, woher die finanziellen Mittel und die Personen mit entsprechender Qualifikation kommen sollen, um die Ziele dieser Vorhaben zu erreichen. Das wird bereits deutlich kurz nachdem die Frage "wo wollen wir hin" gesellt wurde. Sofort kommen Zweifel auf, wie z.B. "das schaffen wir nie" oder "das funktioniert niemals". Diese Zweifel führen oft dazu, dass die interessanten unternehmerischen Vorhaben gar nicht ausgesprochen werden und lieber gleich auf allgemein akzeptierte Vorhaben ausgewichen wird. An dieser Stelle wird ein wichtiger Faktor übersehen, den Unternehmer gut kennen, der jedoch den angestellten Unternehmensleitern oft nicht so bewusst ist. Es gibt eine Art inneren Gestaltungsdrang, ein scheinbar angeborener, menschlicher Antrieb, der sich relativ leicht durch folgende Frage zu erkennen gibt: Würden Sie ein Ziel aufgeben, das Sie erreichen wollen, nur weil Sie im Moment nicht wissen, wie Sie es erreichen? Die Antwort ist meistens, nein. Um eigene Blockaden im unternehmerischen Denken zu überwinden, ist es immer wieder wichtig, sich diese Frage zu stellen.

Gemeinsame unternehmerische Ziele in der Geschäftsleitung: Oft ein mühsamer Weg

Mit Unternehmertum wird in der Regel verbunden, dass es dabei um eine Person geht, die Eigentümer und Leiter des Unternehmers ist. In allen anderen Fällen führen Manager ein Unternehmen, die nicht gleichzeitig Eigentümer des Unternehmens sind. Gerade hier ist die Frage, wie unternehmerische Führung aussieht, besonders spannend. Reicht es, wenn der CEO das Unternehmen entsprechend führt, oder geht es bei unternehmerischer Führung um das gesamte Geschäftsführungs-Team? Die Erfahrung zeigt, dass beides möglich ist. Die unternehmerische Führung im Geschäftsführungs-Team stellt jedoch eine besondere Herausforderung dar. Was geschieht, wenn sich alle Mitglieder eines Geschäftsführungs-Teams gemeinsam die unternehmerische Frage stellen, "was wollen wir". Die Erfahrung zeigt, dass es dann für alle Beteiligten mühsam wird, gemeinsam getragene, klare und konkrete Antworten zu finden. Zusätzlich können die Egos einzelnder Team-Mitglieder im Weg stehen. Das führt dann sehr schnell dazu, dass die Formulierungen für die gemeinsam getragene Richtung immer abstrakter werden, solange bis keiner mehr "nein" sagen kann. Jetzt kann jeder unter der gefundenen Formulierung das verstehen, was er verstehen möchte und in seinem Ressort das machen, was er für sich unter der gemeinsamen Richtung verstanden hat. Das macht jedoch nur solange Spaß, bis er damit in Konflikt zu dem Vorgehen seiner Kollegen in der Geschäftsführung gerät. Wer diese Erfahrung ein oder mehrmals gemacht hat, der wird eher bereit sein, sich der Mühe zu unterziehen, gemeinsam eine klare und konkrete Richtung für das Unternehmen zu definieren. Bis zu fünf mehrstündige Sitzungen können erforderlich sein, bis klar ist, was alle zusammen in der Geschäftsführung mit dem Unternehmen bewegen wollen. Die Mühe lohnt sich, denn damit ist die Basis für gemeinsame unternehmerische Führung gelegt. Auf dieser Basis gelingt es leichter, die Mitarbeit der Führungskräfte zu gewinnen, auch wenn zu diesem Zeitpunkt noch nicht klar ist, auf welchem Weg das unternehmerische Ziel erreicht wird.

Mit unternehmerischer Führung gelingt es leichter, alle Führungskräfte mitzunehmen


Unternehmerische Ziele oder Vorhaben, die aus einem guten Verständnis des Unternehmenszwecks entstanden sind, erfordern in der Regel kein großes Kommunikationsgeschick der Unternehmensleitung, wenn es darum geht, die Mitarbeit der Führungskräfte für die Erreichung dieses Zieles zu gewinnen. Wesentlich schwieriger ist ein guter Umgang mit der Frage: Wie sieht das Vorgehen aus, durch das wir unser unternehmerisches Ziel erreichen wollen? Optimismus und positives Denken reichen hier nicht. Vielmehr kommt es darauf an, mit Zweifel, Überforderung und Skepsis ehrlich umzugehen. Dies ist der normale Zustand am Beginn unternehmerischer Vorhaben. Wer sich an dieser Stelle hohe Motivation und Begeisterung von allen wünscht, lebt in einer Wunschwelt , die es nicht gibt. Jede Führungskraft, die Zweifel hegt, sich überfordert fühlt und deshalb skeptisch ist, wird sich missverstanden fühlen, wenn die Unternehmensleitung versucht, mit positiven Argumenten alle zu motivieren oder Skepsis als Widerstand auszulegt. An dieser Stelle kommt es besonders darauf an, dass sich die Unternehmensleitung der Herausforderung stellt und die Spannung aushält, die aus der Diskrepanz zwischen ihren Zielen und der erlebten Unsicherheit in der Führungsmannschaft entsteht. Dazu kann es hilfreich sein, wenn sich die Unternehmensleitung die Frage stellt "würden wir unsere Ziele aufgeben, wenn wir in unserer Führungsmannschaft nicht gleich auf breite Zustimmung stoßen". Das "Nein" auf diese Frage fällt umso klarer aus, je mehr sich die Unternehmensleitung auf dem Weg der unternehmerischen Führung befindet. Und diese Klarheit ist die Basis dafür, dass die Führungsmannschaft mitarbeitet und beginnt, eigene Vorschläge für bisher ungelöste Aufgabenstellungen zu entwickeln.

Herausgeber & Copyright: Johann Leitl

 

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