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Coaching auf Basis des strukturellen Denkens

Wenn wir bei Zukunftsthemen oder Problemen, die uns besonders wichtig sind, bereits mehrmals die Erfahrung gemacht haben, dass wir anfangs gut vorankommen, später jedoch Rückschläge erleiden, die uns praktisch wieder in den Ausgangszustand versetzen, dann ist das ein sicheres Zeichen dafür, dass persönliche Denkstrukturen unsere Effektivität einschränken. Wer Verantwortung für wiederholtes Scheitern übernimmt, hat die Chance, diese Denkstrukturen zu erkennen und frei davon, neue Wege zu gehen.

Wenn das gleiche Problem immer wieder auftaucht

Jeder hat Wünsche, die ihm wichtig sind und die er sich erfüllen möchte oder wichtige Probleme, die er gerne für immer lösen möchte. Nur ganz selten ist der Weg dahin geradlinig und frei von Hindernissen. Viel öfter ist der Weg mit Rückschlägen und neuen Problemen gepflastert. Die einen lernen aus diesen Rückschlägen, finden neue, bessere Wege und gehen gestärkt aus diesen Krisen hervor. Es gibt aber auch viele, die das anders erleben. Sie haben sich schon öfter auf diesen Weg gemacht, erleben Rückschläge als demotivierend und befinden sich am Ende praktisch wieder in der Ausgangslage. Das zeigt sich im beruflichen Bereich, z.B. in Form
- wiederholter Jobwechsel wegen Unzufriedenheit mit der Aufgabe oder mit dem Vorgesetzten
- wiederholter Überbelastung bis hin zum Burn-out
- von wiederholtem Verpassen von Karrierechancen
oder im privaten Bereich, z.B. in Form
- wiederholter schwerer Beziehungskrisen und Trennungen
- von wiederholtem Auftreten derselben gesundheitlichen Probleme
Je öfter das bereits vorgekommen ist, umso mehr fangen die Betroffenen an, über sich und andere sowie über die Gründe der sich wiederholenden Problemlage zu spekulieren. Mit Fragen wie z.B. "Warum immer ich?" öffnen sie Tür und Tor für alle möglichen Schnelltherapien, Diäten und Heilsversprechen, die mit verlockend klingenden Verhaltensrezepten dauerhafte Besserung in Aussicht stellen.
Jedoch sind angebliche Erfolgsbeispiele, kein Garant dafür, dass diese Therapien und Heilsversprechen auch auf lange Sicht funktionieren. Wer die Gelegenheit hat, bei diesen Erfolgsbeispielen nach längerer Zeit zu überprüfen, ob es bei der Verbesserung geblieben ist, wird bei den meisten feststellen, dass es wieder einen Rückfall in das alte Problemmuster gab. Die Art und Weise der Problemlösung wird zum festen Bestandteil des Problems. Immer wieder wird nach neuen Methoden gesucht, deren Anwendung mit viel Hoffnung angegangen wird, um später festzustellen, dass sich im Grunde nichts geändert hat.

Problemlösungsstrategien bleiben wirkungslos

Hinter diesem wiederkehrenden Problemmuster stecken keine unsichtbaren Energien oder andere mysteriös wirkenden Faktoren, sondern konkrete und für jeden verständliche, jedoch fest eingefahrene und hartnäckig ignorierte Denkmuster und -strukturen, die das Verhalten einer Person bestimmen. Fest eingefahren und hartnäckig ignoriert heißt, unser Verstand wehrt sich mit allen Mitteln, sie zu erkennen. Das heißt wiederum, es ist Verantwortlichkeit für das eigene Handeln und ein ernsthafter Wunsch erforderlich, sich dem Prozess zu stellen, diese Denkstrukturen zu erkennen und die persönlichen Überzeugungen, aus denen sie sich zusammensetzen, auf realistische Annahmen zu überprüfen. Gelingt dies, dann ändern sich nicht die Denkstrukturen, sondern man erlangt dadurch die Freiheit, das Gedankengefängnis der unrealistischen, persönlichen Überzeugungen zu verlassen und im vollen Bewusstsein dieser hinderlichen Überzeugungen das zu erreichen, was einem wichtig ist. Dies steht im Widerspruch zu vielen problemlösungsorientierten Coachingstrategien, in denen es darum geht, Hindernisse los zu werden, zu überwinden oder positiv umzudeuten.

Coaching auf Basis des strukturellen Denkens

Ziel eines Coachings auf Basis des strukturellen Denkens ist es, diese hinderlichen Denkstrukturen erkennbar zu machen, ihre begrenzende Wirkung auf das eigene Verhalten voll zu verstehen und damit der betreffenden Person die volle Handlungsfähigkeit frei von diesen Denkstrukturen zurückzugeben. Strukturelles Denken beruht auf der Beobachtung und Analyse von wiederkehrenden Verhaltensmustern. Vielen ist es gar nicht bewusst, dass sie bereits seit langem immer wieder das gleiche Verhaltens- und Problemlösungsmuster durchlaufen, z.B. bei dem wiederholten Versuch, eine zu hohe Arbeitsbelastung zu reduzieren. Das Problemlösungsmuster sieht dann z.B. wie folgt aus: Man beginnt mit dem Vorsatz, an drei Tagen früher nach Hause zu gehen - das geht zwei Wochen lang gut - es gibt einen Rückschlag in Form eines wichtigen Auftrags, der kurzfristig viel Zeit erfordert - der Vorsatz wird nicht weiter umgesetzt - es ist wieder wie vorher - man fängt mit dem Vorsatz erneut an - usw. Die Lösungsversuche sehen jedes Mal anders aus, jedoch ist das Muster vom Start bis zum Abbruch immer wieder dasselbe. Durch die strukturelle Analyse des Musters wird erkennbar, welche weiteren Wünsche und Ziele in dem Muster eine wichtige Rolle spielen und welche feste Struktur sie insgesamt bilden, d.h. in welcher Beziehung diese zueinander stehen. Bei dem Thema der zu hohen Arbeitsbelastung kann das z.B. der Wunsch sein, der Beste unter den Kollegen zu sein, der Wunsch gesund zu leben oder der Wunsch nach mehr Zeit für die Familie und für Hobbies.

Gefangen in den eigenen, konfliktären Denkstrukturen

Ein sich wiederholendes Problemmuster entsteht vor allem dann, wenn diese Ziele und Wünsche in konfliktärer Beziehung zueinander stehen und nicht gleichzeitig erreicht werden können, wie z.B. der Wunsch, der Beste im Job zu sein und der Wunsch nach mehr Zeit für die Familie.
In vielen Fällen reicht es, die Annahme, dass beides gleichzeitig machbar ist, zu überdenken und aufzulösen. Anschließend kann geklärt werden, welches der beiden Ziele das wichtigere ist und welche Umsetzungsstrategie daraus folgt. In vielen anderen Fällen stellt sich jedoch heraus, dass hinter einem der konfliktären Ziele ein sogenanntes mentales Konzept steckt.
Mentale Konzepte sind z.B. idealisierte Selbstbilder, idealisierte Überzeugungen, wie das Miteinander funktionieren sollte oder Angst vor imaginären Risiken. Bei dem Beispiel der zu hohen Arbeitsbelastung könnte hinter dem Ziel, der Beste zu sein eine übertriebene Angst vor Kritik an den Arbeitsergebnissen stecken oder ein idealisiertes Selbstbild, den anderen intellektuell überlegen zu sein. Je mehr man versucht, den Wunsch nach weniger Arbeitsbelastung zu realisieren, umso mehr wird der Bogen zu dem konfliktären Ziel gespannt, nicht kritisierbare Arbeitsergebnisse abzuliefern. Dies führt zu einem Dominanzwechsel, in dessen Folge das konfliktäre Ziel, bzw. das mentale Konzept hinter diesem Ziel die dominierende Rolle in unserem Vorgehen übernimmt. Dieses Hin und Her zwischen einem echten und konzeptgetriebenen Ziel nennt man eine oszillierende Denkstruktur. Sobald die Denkstruktur entdeckt ist, die zu dem oszillierenden Verhaltensmuster ("Jo-Jo-Effekt") führt, wird erkennbar, wie sehr diese Denkstruktur unser Verhalten in wichtigen beruflichen und privaten Bereichen steuert. Die Erkenntnis, dass man diese Bereiche nicht selbst steuert, sondern von einem mentalen Konzept gesteuert wird, ist eine unangenehme Wahrheit, aber noch nicht das Ziel eines Coachings auf Basis des strukturellen Denkens. Erst nachdem durch eigenes Nachdenken klar wird, dass das mentale Konzept auf unrealistischen Annahmen und Überzeugungen beruht, verliert es seine dominierende Rolle in der Denkstruktur.

Strukturelles Denken lernen

An dieses Ziel gelangt man jedoch nur durch einen konsequenten und klaren Umgang mit den Abwehrstrategien beim Hinterfragen der mentalen Konzepte. Im strukturellen Denken gibt es speziell für diese Auseinandersetzung mit der Realität eine Reihe von Methoden und Techniken, die konzeptfrei sind und sicherstellen, dass die Fragen beim Erforschen des realen Geschehens unvoreingenommen bleiben und nicht spekulativ oder aus Schubladentheorien hergeleitet sind. Einige dieser Methoden und Techniken sind:
- Mit Nichts beginnen: Unvoreingenommen, ohne Hypothesen und ohne Vergleiche
- Denken in Bildern: Zur Fokussierung des eigenen Verstandes, zur Reduzierung der Detailflut und zur Unterscheidung zwischen realen und ausgedachten Aussagen
- Die Kunst des unvoreingenommenen, ergebnisoffenen Fragens: Keine Fragen nach Gründen, sondern nach fehlenden Informationen, Diskrepanzen und Implikationen
Durch das Coaching auf Basis des strukturellen Denkens wird Verständnis, Klarheit und Realitätsbezug darüber hergestellt, was und wer das eigene Leben bestimmt. Dies ist die Voraussetzung, um auf Basis konzeptfreier Denkstrukturen das zu erreichen, was uns wirklich wichtig ist.

Herausgeber & Copyright: Johann Leitl

 

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