Leitlinie
deutsch   |   englisch

upload/Leitlinie-Label.jpg

Mehr Wirkung mit
weniger Arbeitsaufwand
im Management

Über viele Wochen ausgebuchte Terminkalender von Vorständen und Geschäftsführern gehören mittlerweile zum Selbstverständnis für viele, die auf dieser Ebene tätig sind oder gerade dort ankommen. Auf lange Sicht leiden darunter nicht nur die Vorstände und Geschäftsführer, sondern auch das ganze Unternehmen. Wie kann diese Entwicklung auf eine neue Grundlage gestellt werden, die zu mehr Wirkung bei weniger Arbeitsaufwand führt?


Durchgetaktet?

Termine mit Vorständen und Geschäftsführern zu finden, braucht Zeit und Geduld. Es beginnt meistens mit präventiven Entschuldigungen der Assistentinnen, die keine freien Termine mehr sehen, häufig begleitet von deren frustrierten Aussagen, dass die eigene Tätigkeit fast nur noch aus der Organisation von kurzfristigen Terminverschiebungen besteht. Dabei ist ein paradoxes Phänomen zu beobachten: Es ist eher möglich, einen Termin ganz kurzfristig zu bekommen, als in den darauf folgenden vier Wochen. Der Tag, an dem der Termin dann stattfindet, kann ähnlich aussehen, wie bei der Deutschen Bahn, bei der die Verspätungen der Züge an vielen Tagen zum Abend hin immer länger werden.
Sowohl die Terminüberschreitungen als auch die Terminverschiebungen führen zu unbemerkten und weit verzweigten Kollateralschäden in der gesamten Organisation. Alle Beteiligten müssen anlässlich der Verschiebung eines Meetings durch ihren Geschäftsführer ihre eigenen Termine verschieben und lösen dadurch eine Art Kettenreaktion bei denen aus, die terminlich an sie gebunden sind. Dies führt zu Verzögerungen in der Aufgabenerledigung auf operativer Ebene und bremst die Geschwindigkeit der gesamten Organisation. Das heißt, je mehr die oberste Führungsebene eines Unternehmens die eigene Terminorganisation möglichst flexibel und ohne Effizienzverlust gestalten will, umso mehr kann sich dies z.B. durch täglich erforderliche Terminverschiebungen zu einer ungeahnt hohen Beeinträchtigung der Effizienz auf der operativen Führungsebene ausweiten.


Mehr Selbstwirksamkeit statt noch mehr Effizienz

Je weiter die Zeitknappheit auf der obersten Management-Ebene durch steigende Aufgabenvielfalt, ehrgeizige Ziele und hohe Verantwortung zunimmt, umso mehr stellt sich die Frage, ob Effizienz auf Dauer das oberste Ziel für die Gestaltung des Termin-Managements sein kann oder, ob Selbstwirksamkeit als oberste Priorität vor das Effizienz-Ziel gesetzt werden muss. Das heißt, das eigene Vorgehen kann irgendwann nicht mehr danach ausgerichtet werden, in möglichst kurzer Zeit viele Termine zu erledigen, sondern darauf, die eigene Tätigkeit möglichst wirkungsvoll zu gestalten. Sobald Selbstwirksamkeit das primäre Steuerungsprinzip wird, bekommen die Antworten auf die Fragen, was ich will, was mir wichtig ist und wo ich besonders wirksam sein kann, eine hohe Bedeutung.

Wichtiges tun oder wichtig sein?

Auf dem Weg zu mehr Selbstwirksamkeit ist als Erstes eine ehrliche Analyse der eigenen Haltung erforderlich. Nicht die Agenda der Meeting-Termine, sondern die kurzfristigen Terminverschiebungen liefern dafür interessante Informationen. Geht es bei den selbst initiierten Terminverschiebungen darum, sicherzustellen, dass an anderer Stelle Fehler vermieden werden, das Richtige gemacht, die Rangordnung demonstriert oder das Risiko vermieden werden soll, wichtige Informationen nicht zu bekommen? Oder geht es bei fremd initiierten Terminverschiebungen darum, dass man sich nicht traut, denjenigen, die die Auslöser für die Terminverschiebungen sind, ihren kurzfristigen Terminwunsch zu verwehren? Hier ist eine ehrliche Überprüfung der eigenen Haltung erforderlich. Führt diese zu keinem Korrekturbedarf, folgt der nächste Schritt in Richtung Selbstwirksamkeit.

Erkennen, wie es dazu kommt, dass alles sehr dringend und sehr wichtig ist

Dazu müssen die Elemente, aus denen das persönliche Tätigkeits-Hamsterrad besteht, näher betrachtet werden. Drei der wichtigsten Elemente sind Rückdelegation, Fremdsteuerung und ein starker Common Sense dazu, dass an der Unternehmensspitze hoher Zeiteinsatz erforderlich ist. Alle drei Elemente führen dazu, dass die Unterscheidung zwischen der Dringlichkeit und der Wichtigkeit der Punkte auf der eigenen Agenda immer diffuser wird. Rückdelegation ist oft nicht als solche erkennbar, z.B. wenn sie sich als leicht verständlicher Hilferuf oder in Form von Verständnisfragen zeigt. In dieser Form verleitet sie viele Vorgesetzte dazu, darauf einzugehen und sich an der Umsetzung wieder zu beteiligen. Es gibt Organisationen, in denen sich die Mitarbeiter eigene Freiräume sichern, indem sie über Rückdelegation für maximale Auslastung auf der obersten Führungsebene sorgen. DIe hohe Auslastung verstärkt sich bei vielen Führungskräften auf der obersten Ebene zusätzlich durch Termine und Aufgaben, die unter dem Stichwort Fremdsteuerung eingeordnet werden können. Damit sind Anfragen und Terminwünsche von internen und externen Personen gemeint, die auf die Erfahrung oder die Mitwirkung der betreffenden Führungskraft nicht verzichten wollen. Oft werden diese Anfragen und Termine angenommen, ohne Klarheit darüber zu haben, ob eine Delegation möglich gewesen wäre. Hohe Leistungsbereitschaft auf Top-Management-Ebene wirkt dann als Verstärker für die Tendenz zu maximaler persönlicher Beschäftigung und für die Überzeugung, dass man diese hohe zeitliche Belastung nur über Effizienzsteigerung in den Griff bekommen kann...

Die Grundlage für höhere Selbstwirksamkeit

Wer sich an diesem Punkt befindet, für den ist ein persönlicher Paradigmenwechsel erforderlich, um dem "Treibsand" aus steigender Auslastung und Effizienzsteigerung zu entkommen. Festen Grund unter den Füßen bekommt man erst wieder, wenn man anfängt, sich über Ziele, Aufgaben und Erlebnisse Gedanken zu machen, die persönlich wichtig, aber nicht dringend sind. Je mehr wichtige Themen, die einem persönlich am Herzen liegen, immer wieder verschoben werden, umso mehr verschwinden sie mit der Zeit ganz von der Bildfläche der eigenen Agenda. Im beruflichen Kontext kommt es daher bei vielen vor, dass das Feld "wichtig, aber nicht dringend" leer ist, da man gelernt hat, essentielle eigene Bedürfnisse und Wünsche zurückzustellen. In dem Film "Das Beste kommt zum Schluss" wird das sehr eindrucksvoll veranschaulicht. Hier lernen sich zwei schwer kranke Männer im Krankenzimmer kennen, die beide vor einer drohenden Verkürzung ihrer Lebensspanne stehen. Als ihnen das immer bewusster wird, fangen sie an, ihre persönliche "bucket list" zu erstellen, d.h. eine Liste von Erlebnissen, die sie sich wünschen, bevor sie "den Löffel (bucket) abgeben". Auf das Berufsleben übertragen heißt das, sich persönlich wieder an die wichtigen Themen zu erinnern und sich die Frage zu stellen, was möchte ich beruflich unbedingt noch erleben. Mit den Antworten auf diese Frage entsteht eine Liste von besonders wichtigen Wünschen im beruflichen Kontext. Bereits ab dem ersten Entwurf dieser Liste besteht die Chance zum Paradigmenwechsel, in dem die Steuerung des eigenen Arbeitseinsatzes mehr und mehr aus der Perspektive erfolgt, was einem wirklich wichtig ist und nicht aus der Perspektive möglichst effizient mit allem fertig zu werden, was schnell erledigt sein muss.

Mehr Zeit durch höhere Selbstwirksamkeit

Je klarer und wünschenswerter die Punkte auf der beruflichen "bucket list" sind, umso stärker wird der Wunsch, mehr Zeit für diese persönlich wichtigen, beruflichen Themen einzusetzen. Der Wunsch nach mehr Zeiteinsatz für diese Themen ist aber auf Dauer ohne Delegation von eigenen Aufgaben und ohne die Reduzierung von Fremdsteuerung nicht realisierbar. Das heißt, insbesondere die Fähigkeit, Rückdelegation zu erkennen und abzulehnen muss geübt und ausgebaut werden. Die Chancen, dass Rückdelegationsversuche konsequent angesprochen und reduziert werden, sind jetzt besonders hoch, denn die Motivation, persönlich wichtige Themen zu verwirklichen, macht jetzt den Unterschied. Sie befeuert die Fähigkeit konsequent zu bleiben und nicht aufzugeben. Je mehr dies geschieht, umso mehr Zeit steht zur Verfügung, in der positive Erfahrungen mit Erlebnissen gemacht werden, die auf der beruflichen "bucket list" stehen. Auf Basis dieser Erfahrungen wächst die Überzeugung im eigenen beruflichen Umfeld weiter zu delegieren und Zeit für das Wesentliche zu gewinnen. Die Selbstwirksamkeit nimmt zu und gleichzeitig nimmt der Arbeitsaufwand ab. Was mit einer erhöhten Aufmerksamkeit für Rückdelegationsversuche begonnen hat, entwickelt sich zu einer Steigerung der Selbstwirksamkeit. Die möglicherweise verloren gegangene Verbindung von persönlichem Erfolg und persönlich wichtigen Erfahrungen ist wieder hergestellt.

Herausgeber & Copyright: Johann Leitl

 

Selbst-Hilfe

Ausblick:

LEITLinie Seminare

- Angebot ist in Arbeit -