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Management im Ingenieurunternehmen - Die Effizienz technischer Großprojekte verbessern

Der Beitrag eines Projektergebnisses zum Unternehmensergebnis ist im Geschäft mit technischen Großprojekten wesentlich direkter als in allen anderen Unternehmen. Diese Tatsache kann man sich nach dem Prinzip "Pars pro toto" ( das Teil steht fürs Ganze) für Veränderungsprozesse im gesamten Unternehmen zunutze machen. Es kommt dabei vor allem auf Schlüsselpersonen an der Spitze des Projektes und auf den Umgang mit Verantwortung an der Projektbasis an.


Projektdesign und Ausführung im Auge behalten

Das Management eines Projektes kann sich im Prinzip an zwei Gestaltungselementen orientieren, mit denen der Projekterfolg beeinflusst wird:
1. Das Projektdesign: Das sind im Wesentlichen der Projektplan, die Schrittfolge, die Führungsstruktur, die Relation von Arbeitsmenge zu verfügbarer Kapazität, die IT- und die Controllingsysteme des Projektes.
2. Die Ausführung: Das sind die Kompetenzen im Projektteam, die verfügbaren Technologien, die Arbeitsgewohnheiten, die Führungsfähigkeiten, die Kommunikation und spezielle Fähigkeiten, wie beispielsweise Kreativität und Ausdauer.
Die möglichen Zustände beider Elemente ergeben ein erstes Gesamtbild über den Zustand eines Projektes. Im Wesentlichen gibt es vier mögliche Gesamtzustände:
1. Design und Ausführung sind ok. 2. Design und Ausführung sind nicht ok. 3. Design ist nicht ok, aber Ausführung ist ok. 4. Design ist ok aber Ausführung ist nicht ok. Abgesehen von Fall 1 kommt der Fall 3 am häufigsten vor. Typsich für Fall 3 ist, dass das zugesagte Projektergebnis am Ende des Projektes mit enormen Mehraufwand gerade noch erreicht wird. In diesem Fall würde ein besseres Design beispielsweise dafür sorgen, dass Aufgaben, die am Ende des Projektes geplant sind aber früher erledigt werden können, möglichst zeitlich nach vorne verlagert werden.

Die Schwächen technisch getriebenen Managements

Darüber hinaus entwickeln sich in der Ausführung großer technisch getriebener Projekte bei steigenden technischen Anforderungen leicht dysfunktionale Verhaltensmuster, die eine Erreichung der betriebswirtschaftlichen Projektziele erschweren.
Grundlage für diese dysfunktionalen Verhaltensmuster sind Überzeugungen, die das Geschehen im Projekt dominieren. Hierzu zählt insbesondere die Überzeugung, dass im Zweifel den technischen Problemlösefähigkeiten Einzelner der Vorrang vor kooperativem Managementverhalten gegeben wird. Die Folgen dieser Überzeugung sind:
- Führungskräfte werden von technischen Experten überstimmt
- Technische Begründungen für Termin- und Kostenüberschreitungen werden zu schnell akzeptiert
- Einzelgängertum erschwert eine teamorientierte Zusammenarbeit
- Langwierige technische Diskussionen kosten insbesondere die indirekt Beteiligten unnötig viel Zeit
- Harmonieorientiertes Verhalten erschwert den professionellen Umgang mit Verantwortung
- Verbesserungen der Arbeitsergebnisse auf Basis von Lernprozessen finden kaum statt
Vor dem Hintergrund dieser Verhaltensmuster ist es eine besondere Herausforderung, professionelles Management-Know-How aufzubauen. Mit viel zeitlichem und finanziellem Aufwand antrainiertes Managementwissen kann innerhalb kürzester Zeit wieder zunichte gemacht werden, sobald die alten Verhaltensmuster durch das plötzliche Auftauchen eines größeren technischen Problems reaktiviert werden. Diese Neigung zu Rückfällen kann nur über eine längere, enge Begleitung durch die oberste Führungsebene überwunden werden, die das langfristige Erlernen und Anwenden kooperativer Managementfähigkeiten höher gewichtet, als schnelles Durchgreifen bei Nichterfüllung technischer Anforderungen.

Komplexität beherrschen

Je komplexer die Projekte werden, umso mehr gelangt die Führung technischer Projekte durch Experten an ihre Grenzen. Um die zunehmende Komplexität zu beherrschen, muss an die Stelle von direkter, aufgabenorientierter Führung eine teamorientierte Führung treten, die professionell mit Delegation und Verantwortung umgehen kann. Die Organisation, die Steuerung und das Management der Projekte müssen mit zunehmender Komplexität an anderen Prinzipien ausgerichtet werden. Z.B. sollte sich eine primär an technischen Disziplinen ausgerichtete Organisation mehr in Richtung Management von Teilsystemen entwickeln. Ergebnisorientiert gestaltete Projektstrukturen bieten wesentlich bessere Grundlagen für eine Führung mit Delegation von Verantwortung. Folglich sollte sich die Steuerung nach Terminvorgaben mehr zu einem integrierten Zeit- und Kostencontrolling entwickeln. Aus einer aufgabenorientierten Führung mit Terminvorgaben wird somit eine ergebnisorientierte Führung mit differenzierterem Kosten- und Zeitplanmanagement.

Zusammenarbeit mit Diven und Helden klären

Diese übergeordneten Gestaltungsprinzipien für die Projektführung können jedoch nur dann zur Wirkung kommen, wenn die personelle Führungskonstellation dies zulässt. Personen mit Haltungsproblemen, die an wichtigen Positionen des Projektes stehen, können sich zu Störfaktoren für einen professionellen Umgang mit Komplexität entwickeln.
Sogenannte Diven und Helden sind zwei Typen hinderlicher persönlicher Haltung, die man immer wieder trifft. Diven sind Personen, die davon überzeugt sind, eine bevorzugte Behandlung verdient zu haben, da sie sich aufgrund ihrer besonderen Fähigkeiten und ihres hohen Arbeitseinsatzes für unersetzlich halten. Helden sind Personen, die in der Vergangenheit ein wichtige Projekt gerettet haben und davon überzeugt sind, mit ihren intuitiven Entscheidungen richtig zu liegen. Beide Typen haben gemeinsam, dass sie eher unreflektiert und wenig teamfähig sind. Trotz der Beweise ihres Könnens kommen sie bei zunehmender Komplexität an den Punkt, dass sie aus mangelndem Verständnis der Gesamtzusammenhänge heraus handeln und damit dem Projekt mehr schaden als nutzen. Sollte es in überschaubarer Zeit nicht gelingen, diesen Personen den Schaden ihres Verhaltens bewusst zu machen, sollten diese Personen zügig mit weniger Verantwortung betraut werden oder es sollte in Härtefällen über eine Trennung nachgedacht werden. Diese sicher nicht einfach umzusetzenden Schritte haben meistens eine befreiende und motivierende Wirkung für das gesamte Projektteam.

Dauerhafte Grundlagen auf der operativen Ebene schaffen

Die Schaffung der strukturellen und personellen Grundlagen für einen professionellen Umgang mit Delegation und Verantwortung im oberen Drittel der Projekthierarchie garantiert jedoch noch keine substantielle und dauerhafte Verbesserung der Projektergebnisse. Diese entstehen erst, sobald sich in jedem Projektbereich auf allen Führungsebenen ein professioneller Umgang mit Delegation und Verantwortung etabliert hat. Die wirkungsvollste und effizienteste Form, dies zu erreichen funktioniert jedoch nicht durch einen Top-Down-Lernprozess von der obersten bis zu untersten Hierarchieebene, sondern durch einen direkten Einstieg mit einem entsprechenden Training auf der untersten Führungsebene des Projektes. Insbesondere auf der operativen Projektebene kommt es täglich zu den vielen scheinbar weniger wichtigen Unzulänglichkeiten, wie Terminüberziehungen, unklaren Vereinbarungen, unrealistischen Zugeständnissen, ineffizienten Meetings und unzureichenden technischen Lösungen. Diese summieren sich schnell zu schwer begreifbaren Terminverschiebungen und technischen Schwierigkeiten für das gesamte Projekt. Erst wenn sich die Teamverantwortlichen auf der operativen Ebene durch einen Feedback-, Lern- und Reflexionsprozess entschieden haben, diese Unzulänglichkeiten nicht mehr durchgehen zu lassen und sie immer wieder anzusprechen, wendet sich die Situation und konkrete, sichtbare Verbesserungen setzen sich durch. Das Nicht-Akzeptieren und das Ansprechen ist natürlich nur der erste Schritt. Dauerhaft werden die Verbesserungen erst dann, wenn die Teamverantwortlichen in einem nächsten Schritt möglichst häufig versuchen zu verstehen, wie es zu dem unbefriedigenden Verhalten oder Ergebnis kam und auf Basis dieser Erkenntnisse verbesserte Vorgehensweisen entwickeln. Für die Fortsetzung dieses Prozesses auf der nächst höheren Hierarchieebene hilft dann die "normative Kraft des Faktischen". Angesichts von Termindisziplin, besserer Kooperation und weiteren Erlebnissen verantwortungsvollen Verhaltens werden Führungskräfte auf der nächst höheren Führungsebene automatisch dazu übergehen, dieses Verhalten zu unterstützen und selbst zu übernehmen.

Projektergebnisse entscheiden über den zukünftigen Geschäftserfolg

Das spannende an der Verbesserung der wirtschaftlichen Ergebnisse technischer Großprojekte ist nicht nur der leicht erkennbare Zusammenhang zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit des Projektes, sondern auch die Wirkung auf die erfolgreiche Gewinnung neuer Großprojekte. So gesehen sind Investitionen in die Personalentwicklung und in die Entwicklung der Managementkompetenz nicht nur Investitionen in Know-How, sondern auch Marketinginvestitionen, die sich in kurzer Zeit amortisieren.

Herausgeber & Copyright: Johann Leitl

 

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