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Orientierung geben
und Entscheiden bei zunehmender Unsicherheit

Der Blick nach vorne ist für viele Unternehmensleitungen mit zunehmender Unsicherheit verbunden. Gleichzeitig führen zunehmende Komplexität und globale Vernetzung dazu, dass die Folgen von Fehlentscheidungen und Fehlverhalten immer schneller zu einem "Tsunami" für das ganze Unternehmen ausarten können. Persönliche Risikovermeidungs-Strategien in den Unternehmensleitungen führen dazu, das Handeln und Entscheiden immer mehr in den kontrollierbaren, kurzfristigen Bereich verlagert wird. Der gesunde Menschenverstand schlägt Alarm. Wie kann eine Unternehmensleitung mit Unsicherheit offen und aktiv umgehen, ohne die langfristige Orientierung zu opfern?

Reaktive Orientierung gibt keinen ausreichenden Halt mehr

Maybrit Illner sagte rückblickend auf das Jahr 2011 in einem Interview am 20.12.2011 mit der Frankfurter Rundschau, dass sie Ratlosigkeit bei den Teilnehmern so oft wie noch nie in ihren Talkrunden erlebt habe. Macht es angesichts zunehmender Unsicherheit Sinn, langfristige, unternehmerische Ziele und Strategien zu vernachlässigen und sich mehr auf das Funktionieren im Kurzfristbereich zu konzentrieren? Natürlich nicht. Trotzdem ist zu beobachten, wie zunehmende Unsicherheit über die Zukunft den Verantwortungsdruck auf die Unternehmensleitung erhöht und sie immer mehr zu einsamen Entscheidungen treibt. Obwohl die Mitarbeiter und Führungskräfte die gleichen Nachrichtensendungen und Talkrunden sehen, wie ihre Chefs, erleben sich Letztere hin- und hergerissen zwischen ihren Zukunftssorgen und dem Wunsch, an ihren Zielen fest zu halten und keine Unsicherheit zu zeigen. Dieses Dilemma erleben vor allem diejenigen, die ihre Ziele aus einer reaktiven Orientierung heraus, auf der Basis von Prognosen zur Markt- und Wettbewerbsentwicklungen aufgebaut haben. Je unsicherer die Rahmenbedingungen werden, umso mehr müssen sie damit rechnen, dass sich ihre Ziele und Entscheidungen plötzlich als Fehlgriff herausstellen. Nur diejenigen, die ihre Ziele unabhängig von Markt- und Wettbewerbsbedingungen, originär, wie ein Unternehmer, aus dem Zweck des Unternehmens heraus entwickelt haben, werden unsichere Marktbedingungen nicht als Risiko für ihre Ziele erleben. Sie sind es gewohnt sich immer wieder neu auf unerwartete Veränderungen der Markt- und Wettbewerbsbedingungen bei der Erreichung ihrer Ziele einzustellen. Manchmal gibt es Rückenwind, manchmal Gegenwind auf ihrem Weg zum Ziel.
Sowohl für die reaktive, als auch für die originäre Orientierung wird in Zukunft eine Fähigkeit immer wichtiger: Der professionelle Umgang mit einem unsicheren Umfeld und die Nutzung dieser Fähigkeit für die Entscheidungsprozesse im Unternehmen.

Eine "Radar"-Gruppe einrichten


Laut Handelsblatt vom 04.01.2012 haben einige Großunternehmen bereits erkannt, dass der professionelle Umgang mit einem unsicheren Umfeld zu einem Wettbewerbsvorteil ausgebaut werden kann und es keinen Sinn macht, diese Aufgabe nur auf die Unternehmensleitung zu beschränken. Möglichst viele Bereiche und Hierarchieebenen müssen einbezogen sein, um zu sensibilisieren, zum Mitdenken anzuregen und die Reaktionsfähigkeit im Umgang mit plötzlich auftretenden Schwierigkeiten oder Gelegenheiten zu verbessern. Für weniger große Unternehmen, die sich solche "Think Tanks" nicht leisten können, bietet die Einrichtung einer "Radar"-Gruppe einen passenden Einstieg in den professionellen Umgang mit unsicheren Rahmenbedingungen. Oft ist aber das erforderliche Wissen zu externen Rahmenbedingungen breit gestreut und nicht dokumentiert. Deshalb sollte die "Radar"-Gruppe gemischt besetzt sein und möglichst einen Querschnitt des Unternehmens abbilden. Zu den Aufgaben eine "Radar"-Gruppe gehört es, das KnowHow im Umgang mit einer unsicheren Zukunft im Unternehmen aufzubauen und den Vorstand bei Langfrist-Entscheidungen zu beraten. Die "Radar"-Gruppe sollte sich allerdings nicht mit allgemeinen Szenarien zur Marktlage beschäftigen. Dafür gibt es genügend externe Angebote, wie z.B. die Shell-Studie. Der Fokus der "Radar"-Gruppe muss auf die Entwicklung und Verwendung der Zukunfts-Szenarien im eigenen Unternehmen ausgerichtet sein.

Investition in die Antworten auf die Zukunftsfragen Ihres Unternehmens

Viele denken die Arbeit mit Szenarien ist eine Aufgabe, die nur von Strategieabteilungen in Großkonzernen ausgeführt werden kann. Ein altes Vorurteil, das in dem Moment verschwindet, in dem eine Unternehmensleitung selbst erlebt, wie groß der Lerneffekt für alle Beteiligten und Entscheider aus der Arbeit mit Szenarien ist. Dies gilt unabhängig davon, wie groß das Unternehmen ist.

Bereits der erste Schritt einer "Radar"-Gruppe birgt hohes Erkenntnispotential. Was sind die wichtigsten Zukunftsfragen, die zu beantworten sind? Wichtige Zukunftsfragen sind z.B. "Wie sehen die Anforderungen unserer Kunden im Produktbereich xx in 2020 aus?"; "Wie sehen die Struktur und die Anforderungen unserer Absatzkanäle in fünf Jahren aus? "Je konkreter die Zukunftsfragen gestellt werden, umso brauchbarer werden später die Ergebnisse der entsprechenden Szenarien ausfallen.
Im zweiten Schritt werden die Faktoren bestimmt, die großen Einfluss auf das Thema haben, das in der Zukunftsfrage angesprochen ist. Immer wieder kommt es bei der Erarbeitung der Einflussfaktoren zu erstaunten Reaktionen, sobald wichtige Fragen und Wissenslücken auftauchen, die bisher noch keiner gesehen hat.
Im darauf folgenden dritten Schritt setzen sich diese Aha-Effekte fort. Im Rahmen einer Vernetzungsanalyse werden die Zusammenhänge zwischen den Einflussfaktoren untersucht. Auch hier zeigt sich, dass wichtige Fragestellungen zur Wirkung der Einflussfaktoren bisher nicht genau durchdacht wurden. Eine fertige Vernetzungsanalyse zeigt - mit quantitativen Werten unterlegt - welcher der Einflussfaktoren zu den Treibern zählt und wie stark der Einfluss auf die anderen Einflussfaktoren ist. Viele Vorurteile und Meinungen, die bisher zu langwierigen Diskussionen im Unternehmen geführt haben, sind am Ende der Vernetzungsanalyse verschwunden.
Damit sind alle Voraussetzungen geschaffen, um im vierten Schritt, basierend auf den Einflussfaktoren, die sich als wichtige Treiber mit hohem Vernetzungsgrad herausgestellt haben, Szenarien zur Beantwortung der Zukunftsfrage zu beschreiben. Auch für weniger große Unternehmen hält sich der Aufwand für diese vier Schritte in Grenzen.

Orientierung und Rückhalt für wichtige Entscheidungen stärken

Bei der darauf folgenden Nutzung der Szenarien für wichtige Entscheidungen muss auf einen häufigen Denkfehler im Umgang mit Szenarien geachtet werden. Szenarien sind keine Vorhersagen der Zukunft, sondern beschreiben mögliche Zustände in der Zukunft. Sie machen keine Aussage über die Eintrittswahrscheinlichkeit. Deshalb sind Szenarien kein Entscheidungsersatz, sondern ein wichtiges Hilfsmittel für treffsichere Entscheidungen und für mehr Rückhalt in der Umsetzung dieser Entscheidungen. Bereits das Nachvollziehen der Ergebnisse einer "Radar"-Gruppe durch die Entscheider im Unternehmen führt zu mehr Klarheit und reduziert viele bisher in Entscheidungsprozessen geführte Meinungsdiskussionen. Die anschließende Gegenüberstellung von Szenarien und Entscheidungsoptionen führt darüber hinaus zu einer Reduzierung der Entscheidungsoptionen, aber auch zu weiteren Zukunftsfragen, deren Bearbeitung zu den weiteren Aufgaben der "Radar"-Gruppe gehört. 
In dem Moment, in dem die Mitglieder der "Radar"-Gruppe erleben, dass ihre Arbeitsergebnisse und ihre Rolle als Entscheidungsberatung ernst genommen werden, beginnt die gemischte Besetzung der "Radar"-Gruppe eine zusätzliche Wirkung zu entfalten. Nach dem Motto "Tue Gutes und rede darüber" sorgen die Mitglieder der "Radar"-Gruppe von selbst dafür, dass sich die Aufgabenstellung und die Ergebnisse der "Radar"-Gruppe im Unternehmen verbreiten. Dies führt wiederum zu Rückmeldungen an die Mitglieder der "Radar"-Gruppe, die zu einer ständigen Verbesserung der Informationsbasis für die Arbeit an Zukunftsfragen führt.

Herausgeber & Copyright: Johann Leitl

 

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