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Unsere zweite Führungsebene ist
wie eine Lähmschicht

Dies ist ein Dilemma für viele Vorstände und Geschäftsführungen, das sich auf Dauer weder durch neue Führungsstrukturen noch durch die Neubesetzung von Führungspositionen ändert. Wer sich zu sehr auf die personelle Problematik festlegt, der hat wichtigere Faktoren übersehen, die für den Ausweg aus diesem Dilemma nötig sind. Denn bei genauerem Hinsehen haben die Führungskräfte der zweiten Ebene verständliche Gründe sich so zu verhalten, wie sie es tun.

Die "Lähmschicht" hat eine eigene Sicht

Die meisten Veränderungsprojekte scheitern daran, dass die zweite Führungsebene nicht mitzieht - oftmals mit guten Gründen. Als Erstes sehen viele Führungskräfte der zweiten Ebene, dass ihr jeweiliger Ressortchef eine eigene Strategie verfolgt und müssen deshalb das Risiko berücksichtigen, einen anderen Ressortchef gegen sich zu haben, wenn sie dem eigenen Ressortchef folgen wollen. Zweitens sehen sich viele verpflichtet, die ihnen unterstellten Mitarbeiter vor von oben verordneten personellen Maßnahmen zu schützen. Und drittens haben die meisten unabhängig von dem neuen Vorhaben bereits genug damit zu tun, ihren eigenen Bereich am Laufen zu halten. Ist es aus Sicht der zweiten Führungsebene bei Vorliegen dieser drei Punkte nicht verständlich, sich die Frage zu stellen, ob es Sinn macht, jedes Veränderungsprojekt, das von oben kommt, uneingeschränkt zu unterstützen?

Unbeachtete Zielkonflikte und ihre Folgen

Eine der Hauptursachen für das lähmende Verhalten der zweiten Führungsebene ist die Tatsache, dass zu viele Ziele für gleich wichtig erklärt werden. Beispiele sind: Wachsen ist wichtig, aber gleichzeitig sollen Kosten gespart werden. Neukundengewinnung ist wichtig, aber kurzfristige Verkaufserfolge bei bestehenden Kunden auch. Aufbau globaler Märkte ist wichtig, aber das technische Know-How zentral zu behalten auch. Dies sind drei alltägliche Beispiele für grundlegende Zielkonflikte. Tatsache ist jedoch, der Aufbau von Wachstum erfordert Investitionen und widerspricht dem Ziel, gleichzeitig Kosten zu sparen. Der Aufbau neuer Kundenbeziehungen kostet Zeit und widerspricht dem Ziel, gleichzeitig möglichst schnell und viel bei bestehenden Kunden zu verkaufen. Neue Märkte in neuen Ländern zu erschließen und das Know-How bei den Ingenieuren im Inland zu halten, widerspricht sich ebenfalls. Die Liste der Konflikte könnte man beliebig verlängern. Stellen Sie sich vor, wie viele Gespräche und Meetings stattfinden, in denen diese Konflikte, meist unbewusst, immer wieder diskutiert werden. Viele denken beispielsweise, es ist möglich, nennenswerte Marktanteile über Neukundengeschäft und gleichzeitig über den Ausbau des bestehenden Geschäfts zu gewinnen. Fakt ist allerdings, dass der Aufbau von neuem Geschäft Zeit kostet und immer wieder Fehlschläge in Kauf zu nehmen sind. Das gefährdet aber das gesamte Verkaufsziel. Also werden alle Kräfte wieder auf das bestehende Geschäft verlagert und die Bemühungen Neukundengeschäft aufzubauen, schlafen wieder ein. Später wird mit viel Mühe und Aufwand erneut mit der Wiederbelebung des Neukundengeschäfts begonnen.

Führungskapazität für die Umsetzung fehlt

Jeder dieser grundlegenden Zielkonflikte kostet Sie grob geschätzt 5-10 % Ihrer Managementkapazität pro Jahr. Je mehr dieser grundlegenden Zielkonflikte unbemerkt in Ihren Unternehmen bestehen, umso höher ist der Anteil sinnlos verbrauchter Management- und Mitarbeiterkapazität. Der Einsatz renditeorientierter Zielsysteme, wie z.B. Balanced Score Card hat in den letzten Jahren ganz wesentlich dazu beigetragen, dass sich alle an diese Zielkonflikte gewöhnt haben und sie als völlig normal ansehen. Dies hat zu mehr Aktionismus, zu mehr sinnloser Auslastung der Führungskapazität und zu steigendem Frust geführt. Kein Wunder, dass sich bis zu zwei Drittel der Führungskräfte in den Dienst nach Vorschrift flüchten (www.eu.gallup.com), während bei den Leistungsträgern die Zahl der Burn-out-Fälle steigt. Wer ständig gegen seine Kollegen antreten muss, um seine Ziele zu erreichen, dem kann man nicht den Vorwurf mangelnder Unterstützung der Veränderungsprojekte aus der Geschäftsleitung machen.

Kurzfristig: Von Zielkonflikten zu Zielerreichungs-Strategien, die sich unterstützen

Die allgemeine  Überzeugung sagt: Mit Zielkonflikten im Unternehmen muss man leben. "Ausbalancieren" lautet die Empfehlung, wenn Sie sich nicht für das eine und gegen das andere Ziel entscheiden wollen. Die praktische Erfahrung zeigt jedoch, dass diese Balance nie lange hält. Konflikte bleiben Konflikte. Was viele nicht kennen. Es gibt zwei Wege, die aus grundlegenden Zielkonflikten herausführen. Einen kurzfristig und einen mittelfristig wirksamen. Bei dem kurzfristig wirksamen Weg fragen Sie sich in dem Beispiel Neukundengewinnung versus bestehendes Geschäft ausbauen als erstes, was ist mir das wichtigere Ziel von beiden? (Die Frage lautet nicht, welches Ziel ist mir das liebere?) In dem Beispiel lautet die Antwort: Bestehendes Geschäft ausbauen. Als nächstes kommt die entscheidende, zweite Frage: Wie muss eine Strategie für das zweitwichtigere Ziel - Neukundengewinnung - aussehen, die eine Erreichung des wichtigeren Ziels - bestehendes Geschäft ausbauen - unterstützt? Diese Frage ist erst einmal ungewöhnlich und erfordert konzentriertes Nachdenken, um eine Antwort zu finden. Die Antwort könnte beispielsweise lauten: Es wird ein Team gebildet, das sich auf Neukundengewinnung konzentriert. Jeder Verkäufer arbeitet für eine begrenzte Zeit in dem Team. Damit kann jeder für eine festgelegte Zeit gezielt Neukunden akquirieren und über die Neukundenakquisition seine Verkaufsfähigkeiten für das bestehende Geschäft verbessern. Zusätzlich könnte jeder Verkäufer die neu gewonnenen Kunden in seinen Bestand mitnehmen.

Mittelfristig: Führungskapazität schaffen ohne Mehrkosten

Die oben beschriebene Umwandlung einzelner Zielkonflikte in eine sich unterstützende Prioritäten-Reihenfolge bringt bereits spürbare Erfolge z.B. in Form von verbesserter Zusammenarbeit innerhalb und zwischen den einzelnen Führungsebenen. Wesentlich wirkungsvoller ist jedoch eine unterstützende Ausrichtung aller wichtigen Ziele auf die wichtigsten Ziele Ihres Unternehmens. Dazu benötigt man Zeit zum Nachdenken, um sich über die Ziele selbst und deren Priorität klar zu werden. Ein bis drei Tage konzentriertes Arbeiten im Geschäftsleitungsteam sind dazu in der Regel erforderlich. Die Umsetzung der überarbeiteten Zielehierarchie bringt innerhalb eines Jahres spürbare zeitliche Entlastung im gesamten Management-Team. Persönliche Konflikte werden weniger. Die Anzahl der Meetings sinkt. Eine echte Teamorientierung entsteht. Und die gewonnene Zeit kann dort investiert werden, wo sie hingehört: in mehr Unterstützung für die unterstellten Mitarbeiter. Dadurch steigt die Gesamtleistung des Unternehmens.

Ausblick: Engagement für die Ziele der Geschäftsleitung

Bleibt eine wichtige Frage offen: Was sind die wichtigen Ziele eines Unternehmens und woher kommt die Motivation, sich an der Verwirklichung dieser Ziele zu beteiligen? Für die meisten Unternehmen scheint es im Wesentlichen nur noch zwei Ziele zu geben: Ertrag und Wachstum. Leider bleibt die Motivation, sich an der Verwirklichung dieser Ziele zu beteiligen sehr oft auf die Geschäftsleitung und auf einige wenige Leistungsträger beschränkt. Warum das so ist und woher gut motivierte Ziele kommen, lesen Sie in der nächsten Leitlinie im März.

Herausgeber & Copyright: Johann Leitl

 

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