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Zielsysteme verschlanken

Das Zitat von Mark Twain "Als sie das Ziel aus den Augen verloren, verdoppelten sie ihre Anstrengungen" bestimmt in vielen Unternehmen die Alltags-Realität. Im Gegensatz zu damals, als dieser Sinnspruch entstand, geht es jedoch heute nicht um fehlende, sondern um zu viele Ziele. Durch abwechselnde Kostensenkungs- und Wachstumsprogramme hat sich eine "Sowohl-als-auch-Führung" breit gemacht. Zehn bis zwanzig Ziele gleichzeitig pro Mitarbeiter sind keine Seltenheit mehr. Viele werden bis an ihre Grenzen gefordert und gleichzeitig kommt das Unternehmen nur langsam voran. Eine Verschlankung der Zielsysteme ist nötig, um wieder an echten Fortschritt heranzukommen.

Problemverwalter oder Gestalter? Welche Orientierung herrscht an der Spitze vor?

In der Bahn-Zeitschrift "Mobil" vom September 2011 wurden Jogi Löw und der Bahnchef Dr. Rüdiger Grube zum Thema Motivation interviewt. Als es um die Frage ging, welche nächste Vision die beiden haben, sagte Jogi Löw, er möchte eine erfolgreiche Fußball-Europameisterschaft 2012. Herr Dr. Grube sprach von fünf Zielen, unter anderem von hoher Kundenzufriedenheit, von leidenschaftlichen Mitarbeitern und vom umweltfreundlichsten Verkehrsunternehmen. Viele Mitarbeiter von Jogi Löw werden zu seinem Ziel wahrscheinlich sagen: "Sehr gut, da möchte ich dabei sein". Viele Mitarbeiter von Herrn Dr. Grube werden wahrscheinlich gar nichts zu seinen Zielen sagen, sondern sich im Kreise vertrauter Kollegen über die versteckten Vorwürfe ärgern, die in seinen Zielen stecken. Ohne Zweifel hat der DB-Chef wichtige Ziele für die Bahn vor Augen. Aber sein Problem ist, dass sie alle aus einer Problemsicht entstanden sind. Keine Frage, die Bahn hat viele Probleme. Die DFB-Elf sicher auch. Nur Jogi Löw orientiert sich an einer konkreten Aufgabe, die er gerne packen will. Herr Dr. Grube dagegen nennt viele, unkonkrete Aufgaben, die gelöst werden müssen. Deshalb kommt es für ihn besonders darauf an, seine Ziele den Mitarbeitern gut zu verkaufen. Jogi Löw braucht das nicht zu tun. Ein Satz reicht.
Der Bahnchef wird dadurch, ohne sich der Entscheidung bewusst zu sein, zum Verwalter der DB-Probleme. Und wenn am Ende alle Probleme beseitigt sind, so ist im Prinzip nichts Neues hinzugekommen. Wie kommt er aus der "Problemverwalter-Falle" wieder heraus? Zuerst mit einer ganz persönlichen Entscheidung zu der Frage: Woran will ich mich orientieren? An den Problemen, die ich tagtäglich zugetragen bekomme, oder an dem, was ich schaffen will, weil es mich und alle besonders interessiert? Für die Bahn könnte die Antwort darauf z.B. lauten: Flächendeckend schnelle Strecken, mit schnellen, modernen Zügen. Das wäre eine echte, unternehmerische und gestalterische Aufgabe. Die Probleme werden dadurch nicht weniger. Aber viele Probleme wären für diesen Wunsch nicht mehr relevant und würden damit von der Bildfläche verschwinden. Auch der häufig angewendete Trick, Probleme in Ziele umzubenennen, funktioniert nicht. Die meisten merken sofort den Unterschied zwischen echten und unechten Zielen.

Echte, statt unechte Ziele

Jogi Löw weiß das anscheinend. Deshalb macht er etwas ganz Entscheidendes. Er nimmt sich etwas vor, für das ein echtes Interesse besteht, sowohl in seinem "Unternehmen", als auch bei seinen Kunden im Stadion. Echte Ziele basieren auf echtem Interesse und der Übernahme von persönlicher Verantwortung. Echte Interessen kommen aus dem Unternehmensauftrag. Bei Herrn Dr. Grubes Zielen ist dieser Zusammenhang nicht so leicht erkennbar. Mag sein, das seine Ziele dem Top-Management oder den Politikern wichtig sind. Aber wie viel haben seine Ziele mit dem Unternehmensauftrag der Bahn zu tun? Zufriedene Kunden und leidenschaftliche Mitarbeiter sind in diesem Sinn keine echten Ziele. Sie sind vielmehr die unausweichliche Folge, wenn sein Unternehmen wichtige unternehmerische Vorhaben gut bewältigt.
Das Ziel von Jogi Löw weist noch drei weitere, wichtige Merkmale von echten Zielen auf: 1. Es geht um ein Endergebnis. 2. Es gibt ein Enddatum. 3. Das Ziel ist bildlich für jeden gut vorstellbar.
Bei den meisten Zielen, die in Unternehmen vereinbart werden, geht es weder um ein Endergebnis, noch um ein Enddatum, sondern um einen kontinuierlichen Prozess der Steigerung, für den kein genaues Endergebnis auszumachen ist. Das Datum ist dann meistens kein Enddatum, sondern  jedes Jahr der 31.12. Für operative Ziele, z.B. Verkaufsziele, mag das Sinn machen, nicht jedoch für Unternehmensziele.

Die Macht einer klaren, bildlichen Ziel-Vorstellung

Das dritte Merkmal echter Ziele, die einfache bildliche Vorstellbarkeit, ist besonders wichtig. Hier gilt der Grundsatz "Ein Bild sagt mehr als tausend Worte". Ein Ziel, das so konkret ist, dass bei jedem im Kopf annähernd das gleiche Bild dazu entsteht, erfordert wesentlich weniger Umsetzungs- und Kommunikationsaufwand, als ein abstraktes, schwer vorstellbares Ziel. Mit bildlicher Vorstellung sind hier keine Metaphern oder Fantasiebilder gemeint, sondern konkrete, reale Vorhaben, wie z.B.: Eine neue Fabrik in Indien; als erster mit einem verkaufbaren Elektroauto am Markt zu sein; mit jedem Kunden mindestens einmal pro Jahr ein persönliches Gespräch zu führen.
Hohe Kundenzufriedenheit und engagierte Mitarbeiter sind sehr abstrakte Ziele und bildlich schwer vorstellbar. Die Zufriedenheitsskala ist das Einzige, was daran gut vorstellbar ist. Zu einem Mitarbeiter oder Kunden, der bei sechs von zehn möglichen Punkten auf dieser Skala steht, wird es viele unterschiedliche Vorstellungen geben. Deshalb muss bei abstrakten Zielen, viel mehr kommuniziert werden, um sicherzustellen, was gemeint ist und was zu tun ist. Das gleiche gilt für alle anderen Ziele, die aus Kennzahlen und modernen Business-Phrasen bestehen. Lieber weniger und dafür echte Ziele. Das ist ein guter Grundsatz für die Gestaltung von Zielsystemen.

"Weniger ist mehr" beim Gestalten von Zielsystemen

Tatsache ist, dass in jedem Unternehmen eine nächste und wichtige, gestalterische Aufgabe steckt, die darauf wartet, angegangen zu werden. Eine, die das ganze Unternehmen braucht, weil sie nur von allen zusammen verwirklicht werden kann. Meistens liegt diese Aufgabe direkt vor den Füßen des Vorstandes, muss aber bei der Menge an bereits vorhandenen Zielen erst neu entdeckt werden. Besonders hilfreich ist dabei, den Gedanken an Renditeziele erst mal auf die Seite zu legen und folgende Fragen zu stellen: Was möchten wir mit unserem Unternehmen verwirklichen, das uns besonders wichtig ist? Was können wir als nächstes auf Basis des bisher Erreichten anpacken? Was wird mit unserem Unternehmen anschließend möglich, wenn wir das geschafft haben?
Erfahrungsgemäß kommen bei den Antworten zu diesen Fragen ein bis zwei wichtige Vorhaben heraus. Diese werden dann Schritt für Schritt in Umsetzungs-Phasen und -maßnahmen entsprechend den Hierarchieebenen des Unternehmens heruntergebrochen. So entsteht aus einem übergeordneten Vorhaben (=Ziel) eine neue Art Zielsystem. Eins, das hierarchisch aufgebaut ist und auf die Umsetzung des Vorhabens ausgerichtet ist. Es ist jedesmal ein beeindruckendes Ereignis, wenn die Umsetzungsstrategie mit allen Schritten über alle Ebenen heruntergebrochen ist und in einem Raum an der Wand hängt. Jeder kann sehen, wie alles zusammenhängt. Jeder kann sehen, was sein Beitrag und der Beitrag der Anderen zur Umsetzung des Ziel-Vorhabens ist.

DIe höchste Stufe für ein Zielsystem: Perfektes Zusammenspiel, wie in einem Orchester

Dieser Überblick ermöglicht den letzten und entscheidenden Schritt im Aufbau eines schlanken und effektiven Zielsystems: Perfektes Zusammenspiel organisieren. Genau wie eine gut klingende Symphonie, das optimale Zusammenspiel der einzelnen Musiker eines Orchesters erfordert, braucht die effektive Umsetzung eines wichtigen Vorhabens das optimale Zusammenspiel aller Beteiligten im Unternehmen. Dieses Zusammenspiel entsteht nicht aus überzeugen und einschwören, sondern wie im Orchester durch einen Plan und einen Dirigenten. Um ein Unternehmen zu "orchestrieren", müssen die geplanten Schritte horizontal über alle Hierarchieebenen quergecheckt werden: Können die geplanten Schritte alle gleichzeitig verfolgt werden? Passen sie zusammen? Reichen die personellen Ressourcen dafür? Sind die Endtermine der Maßnahmen passend aufeinander abgestimmt? Gibt es Engpässe?
Sobald diese Fragen beantwortet und der Plan entsprechend überarbeitet ist, haben alle Beteiligten ein gemeinsames Bild, wie sie zusammen vorgehen und es kann los gehen.

Zusammenfassung

Ob ein Vorstand seinen Job problemorientiert oder gestalterisch angeht, ist keine Frage seines Charakters, sondern eine Frage, für welche Orientierung er sich persönlich entscheidet: Gestaltend oder problemorientiert. Der oben beschriebene Weg bildet den roten Faden für die Umsetzung der gestaltenden Orientierung. Die Umsetzungsschritte entlang des roten Fadens führen unweigerlich zu einer Verschlankung des bestehenden Zielsystems.

Herausgeber & Copyright: Johann Leitl

 

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