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Zuständig oder verantwortlich?

Wenn ein Unternehmen mit wichtigen Projekten und Zielen nicht wirklich vorankommt, kann das an unzureichender Planung, unklarer Aufgabenverteilung, Mangel an qualifiziertem Personal und vielen anderen Faktoren liegen. Ein Faktor der besonders oft ausgeblendet wird, ist der Umgang mit der Verantwortlichkeit der involvierten Personen. Ausflüchte, Entschuldigungen und Schuldzuweisungen sind die häufigsten Symptome für ein Defizit an Verantwortlichkeit. Oft wird über Verantwortlichkeit sehr abstrakt gesprochen. Wie sieht ein konkreter Umgang mit Verantwortung aus?

Wer ist dafür zuständig? Eine Frage, die nicht mehr nötig ist.

Der Vorläufer von Verantwortlichkeit ist die Zuständigkeit. Vor allem in Organisationen mit einem verwaltungsorientierten Managementdenken wird lieber über Zuständigkeit als über Verantwortung gesprochen. Dieses Denken basiert auf der Vorstellung, dass für ein gut funktionierendes Unternehmen vor allem eine möglichst eindeutige und überschneidungsfreie Aufgabenverteilung erforderlich ist. Jeder muss genau wissen, wofür er selbst und wofür jeder andere konkret zuständig ist. Für alle weiteren Probleme in der Zusammenarbeit bedarf es dann nur noch guter Prozessbeschreibungen und einer entsprechenden Klärung der Schnittstellen. Für einen Routinebetrieb mag das ausreichend sein. Tatsache ist jedoch, dass sich sowohl die Anforderungen der Kunden als auch die Strategien der Unternehmensleitung nicht in ein Routine-Schema pressen lassen und Veränderungen zur Folge haben, die immer wieder zu der Frage führen, wer jetzt dafür zuständig ist. Zuständigkeit heißt, die zugeordnete Aufgabe zu erfüllen. Verantwortlichkeit heißt, ein Ergebnis zu liefern und dafür zu sorgen, dass alle dazu nötigen Aufgaben erledigt werden. Das schließt natürlich die Erledigung von Aufgaben aus anderen Bereichen mit ein. Im Vergleich dazu ist Zuständigkeitsdenken eindimensional und nicht ergebnisorientiert. Deshalb wäre es zeitgemäß den Begriff der Zuständigkeit komplett aus dem Management-Vokabular zu streichen.

Beispiele für klare Verantwortung einzelner Unternehmensbereiche

Es ist wesentlich effektiver, sich auf die Frage zu konzentrieren, wer für was verantwortlich ist. Damit richtet sich der Fokus nicht mehr nur auf die Aufgabe, sondern auch auf das Ergebnis, das mit dieser Aufgabe erreicht werden soll. Diese Sichtweise ist noch viel zu selten in den Unternehmen vorzufinden. Oft gibt es nur Funktionsbeschreibungen, die keine klaren, konkreten Vorgaben für Manager und Mitarbeiter enthalten, wofür sie verantwortlich sind. Oft herrscht Unklarheit über die Verantwortung der einzelnen Unternehmensbereiche. Wofür ist z.B. der Verkauf verantwortlich? Für die Kundenzufriedenheit? Ist das nicht eher eine Verantwortlichkeit der Unternehmensleitung? Kundenzufriedenheit ist das Ergebnis aus einem guten Zusammenspiel mehrerer Verantwortungsbereiche. Besser wäre, zu definieren, dass der Verkauf dafür verantwortlich ist, dass der Kunde bekommt, was der Verkauf mit ihm vereinbart hat. Das ist ein konkretes Ergebnis mit konkreten Inhalten, für dessen Erreichung sich der Verkauf immer wieder aufs Neue engagieren muss. Ein anderes Beispiel ist der IT-Bereich. Dieser ist dafür verantwortlich, dass die IT-Systeme auf einem zeitgemäßen Stand und 100% verfügbar sind. Auf diese Art sollte es jedem im Unternehmen klar sein, wofür er verantwortlich ist. Je mehr diese Klarheit vorhanden ist, umso schneller verschwinden verallgemeinernde und aufgabenorientierte Beschreibungen von Verantwortungsbereichen. Die Konsequenz eines klaren Umgangs mit Verantwortung ist eine Resultate-Orientierung, statt einer ständigen Aufgabenkontrolle.

Woran erkennen Sie, dass jemand seine Verantwortung nicht ernst nimmt?


Ein klarer Umgang mit Verantwortung kann sich gerade dann besonders wertsteigernd auswirken, wenn z.B. eine Führungskraft ihren Verantwortungsbereich ernst nimmt oder nicht. Dazu ist als Erstes erforderlich, dass die Führungskraft von ihrem Vorgesetzten auf das konkrete Ergebnis, das unter den Erwartungen liegt, angesprochen wird. Sollte das nicht geschehen, ist das ein Zeichen dafür, dass selbst der Vorgesetzte seine Verantwortung nicht ernst nimmt. In diesem Fall erstaunt es nicht, dass die unterstellten Führungskräfte und Mitarbeiter ihre Verantwortung ebenfalls nicht ernst nehmen. Der professionelle Umgang mit Verantwortung wird wie viele andere Fragen der persönlichen Haltung im Unternehmen durch das Vorleben aus der Unternehmensspitze geprägt. Somit gehört es zur Verantwortung jeder Führungskraft, in dem Moment, in dem jemand ein unbefriedigendes Ergebnis abliefert, diese Person darauf anzusprechen. Am Anfang dieses Gesprächs sollte die Frage stehen, ob der betreffende Mitarbeiter es auch so sieht, dass hier ein vereinbartes Ergebnis nicht erreicht wurde. Folgen auf diese Frage Ausflüchte, Entschuldigungen und Erklärungsversuche oder schnelle Versprechen, es beim nächsten Mal besser zu machen, so zeigt sich in jeder dieser Reaktionen, dass die Verantwortung nicht wirklich angenommen wurde. In diesem Fall sollte sich die Frage anschließen: Sehen Sie sich in der Verantwortung für dieses Ergebnis, ja oder nein? Falls hier kein eindeutiges "Ja" kommt, ist zu klären, worin derjenige seine Verantwortung sieht. Erst danach kann über das unbefriedigende Ergebnis gesprochen werden.

Woran erkennen Sie, dass in Ihrem Unternehmen Verantwortung ernst genommen wird?

Jemand, der seine Verantwortung ernst nimmt, sieht sich nicht als Zuschauer oder als Opfer widriger Umstände, sondern sieht sich selbst im Zentrum des Geschehens und bezieht alles in sein Vorgehen ein, das er braucht, um das Ergebnis, für das er verantwortlich ist, zu erreichen. Dazu gehört, dass er mögliche Risiken, mögliche Verzögerungen, sowie die Stärken und Schwächen der Beteiligten bei seinem Vorgehen berücksichtigt. Bei fehlender Verantwortlichkeit wird oft so gehandelt, dass im Falle einer Nichterreichung des Ergebnisses die zu erwartenden Risiken später als Entschuldigungen genutzt werden können. Bei jemandem, der Verantwortlichkeit ernst nimmt, kommt das nicht vor. Der meldet sich frühzeitig und sucht nach Klärung und Unterstützung, sobald er merkt, dass er selber nicht mehr im Stande ist, das erwartete Ergebnis zu liefern. Insbesondere in risikoscheuen und sicherheitsorientierten Unternehmenskulturen unterbleibt oftmals dieses sich Melden in der Hoffnung, der Mangel an Verantwortung wird stillschweigend geduldet oder einfach übersehen. In jedem Unternehmen gibt es Führungskräfte und Mitarbeiter, die fest mit diesem Übersehen rechnen. Aber es gibt auch Führungskräfte und Mitarbeiter, die sich verantwortlich sehen. Für sie ist dieses Übersehen-werden ein eher frustrierendes Ereignis. Implizit wird damit die Botschaft an sie gesendet, dass das, was sie machen nicht so wichtig oder eventuell gar nicht erforderlich ist. Dies ist eine Form mangelnder Wertschätzung, die von denen, die sie ausüben oft nicht als solche gesehen wird. Vor allem in Unternehmenskulturen mit dem Zuständigkeitsdenken, ist diese Form der mangelnden Wertschätzung besonders häufig zu beobachten. Klarer Umgang mit Verantwortung drückt also auch in unangenehmen Situationen eine wertschätzende Grundhaltung aus.

Aufbau einer Kultur des Lernens

Über diese unterstützende Grundhaltung hinaus gibt es eine ganz besonders wertvolle Auswirkung von klarem Umgang mit Verantwortung. Alle Führungskräfte und Mitarbeiter, die sich über ihre Verantwortung im Klaren sind und sie ernst nehmen, werden sich im Falle eines nicht erreichten Ergebnisses nicht nur auf eine möglichst schnelle Nachbesserung konzentrieren. Sie werden darüber hinaus versuchen, aus dem Fall zu lernen und das nächste Mal besser zu sein. Das können sie alleine für sich versuchen oder, falls sie ihren eigenen blinden Fleck so klein wie möglich halten wollen, sich zusammen mit ihrem Vorgesetzten fragen, wie es zu einem unbefriedigenden Ergebnis kam. Klarer Umgang mit Verantwortlichkeit ist ein wichtiger Treiber für den Wunsch sich ständig zu verbessern und weiter zu entwickeln. Damit dies im ganzen Unternehmen geschieht, bedarf es einer Unternehmensleitung, die persönlich für einen klaren Umgang mit Verantwortung sorgt und diesen selbst praktiziert.

Herausgeber & Copyright: Johann Leitl

 

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