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Führen in der
Veränderung -
Eine echte Herausforderung für die Unternehmensspitze

Die Erkenntnis "Veränderungen beginnen ganz oben in einer Organisation" findet in der Regel allgemeine Zustimmung. In der Praxis ist von dieser Erkenntnis wenig zu finden. Viele Unternehmensleitungen sehen sich ausschließlich als Auftraggeber, Dirigent und Entscheider von Veränderungsprozessen und haben keine Vorstellung davon, wie viel Einfluss sie durch eigene Veränderungen auf die Veränderungsprozesse in ihrem Unternehmen haben. Die Veränderung von Werthaltungen, Annahmen und gewohnten Verhaltensweisen in der Unternehmensspitze ist einer der stärksten Einflussfaktoren auf das Gelingen von Veränderungsprozessen. Jedoch folgen echte, persönliche Veränderungen in der Unternehmensleitung scheinbar anderen Gesetzmäßigkeiten.

Abschied nehmen vom "Aufsichtsrats-Syndrom"

Bei der Diskussion zur Unternehmenskultur in einem Vorstand kam aus einem Workshop mit Führungskräften folgende Beobachtung auf den Tisch: "Immer wenn bei uns jemand die Frage gestellt bekommt, was sich ändern soll, dann wird nur über Veränderungen bei den anderen gesprochen. Die Veränderungen bei sich selbst will keiner sehen". Genau betrachtet, sagt diese Beobachtung mehr über den Vorstand, als über seine Führungskräfte und Mitarbeiter. Diese Haltung kommt möglicherweise sogar aus dem Vorstand, weil sie tagtäglich von oben so vorgelebt wird. Ob dies zutrifft, kann mit folgender Frage geklärt werden: Wie tritt der Vorstand in wichtigen Veränderungsprozessen auf? Nur als Auftraggeber, Entscheider, Beobachter und Bewerter oder sieht er sich auch als Teil des Problems, das gelöst werden soll? Wer Vorstände bei Veränderungsprozessen beobachtet, trifft sehr oft auf das sogenannte "Aufsichtsrats-Syndrom". Ein übliches Denk- und Verhaltensmuster, das in der Regel nicht hinterfragt wird. Von wem auch? Wer würde schon riskieren die Frage zu stellen, ob der Vorstand Teil des Problems ist?
Die Beschäftigung mit dieser Frage, ist aber die erste entscheidende Hürde für ein erfolgreiches Führen in der Veränderung durch den Vorstand. Sie öffnet den Blick für weitere, wichtige Fragen, die in der Unternehmensleitung geklärt werden müssen:
- An welchen Punkten sind wir der Engpassfaktor für den Fortschritt der Veränderung?
- Welche unserer Handlungen und Entscheidungen stimmen nicht mit dem überein, was wir von unseren Führungskräften und Mitarbeitern erwarten?
- Wie effektiv gehen wir untereinander damit um, wenn nicht geschieht, was umgesetzt werden soll?
Verändern sich aufgrund der Antworten zu diesen Fragen die Denk- und Handlungsweisen im Vorstand, so finden sich erfahrungsgemäß in kürzester Zeit die entsprechenden Verhaltensweisen im Unternehmen wieder. Das beschleunigt den Veränderungsprozess und führt zu  mehr Vertrauen aller Beteiligten in die Erreichbarkeit der Veränderungsziele.

Die entscheidende Frage und ehrliche Antworten zulassen

In einem konkreten Fall wollte der Vorstand eines Unternehmens erreichen, dass seine Führungskräfte mehr Eigeninitiative ergreifen, mehr eigenverantwortlich entscheiden und sich hierfür untereinander abstimmen. Die darauf folgende Frage lautete: Wie stellen wir sicher, dass sich das entsprechend ändert? Effektiver wäre es jedoch gewesen, diese Frage zurück zu stellen und zuerst folgende Frage zu stellen: Welchen Anteil haben wir, der Vorstand am aktuellen Verhalten unserer Führungskräfte? Bei konsequentem Nachfragen kommen erfahrungsgemäß folgende Antworten:
- Wir wissen nicht, wie wir unseren Führungskräften beibringen können, mehr Eigeninitiative zu zeigen und eigenverantwortlicher zu handeln
- Wir wissen nicht, ob wir alle die gleiche Vorstellung davon haben, wie mehr Eigeninitiative konkret aussieht
- Wir haben keinen direkten Einblick, wie die zweite Führungsebene mit ihren Mitarbeitern oder Führungskräften unseren Wunsch nach mehr Eigeninitiative umsetzt
- Wir wollen Fehler lieber vermeiden und wollen sie lieber schnell korrigieren, als daraus zu lernen
- Mit unseren Kontrollsystemen haben wir bisher verhindert, dass die Entwicklung von Eigeninitiative mehr Raum bekommt. Diese Systeme wollen wir aber nicht völlig abschaffen.
- Wir haben zu wenig Zeit, uns selbst um den Lernprozess unserer Führungskräfte zu kümmern
- Wir wollen schnelle Ergebnisse sehen

Lernen oder Performen in der Unternehmensleitung?

Diese Antworten zeigen alle auf einen Punkt: Je mehr eine Unternehmensleitung sich und ihre Organisation auf Performance trimmt, umso schwieriger wird es, einen Lernprozess aufzubauen und am Leben zu halten. Das beginnt ganz oben in der Hierarchie. Denn zuerst müsste die Unternehmensleitung selber lernen, die gewünschten Veränderungen bei ihren direkt unterstellten Führungskräften zu unterstützen. Aber im Top-Management ist Zeit knapper als Geld. In der Regel sind die Mitglieder der Unternehmensleitung für Monate im Voraus zeitlich so eng getaktet, dass nur wenig Spielraum für einen eigenen Lernprozess besteht. Den Führungskräften und Mitarbeitern im Unternehmen geht es nicht anders. Das Einüben neuer Verhaltensweisen braucht Zeit, aber die Effizienz  im operativen Geschäft darf nicht sinken. Die Ziele müssen erreicht werden.
Zeit ist sicher das wichtigste Element in diesem Zusammenhang. Hinzu kommt meistens ein weiterer Faktor, über den nicht so gerne gesprochen wird. Der Umgang mit der eigenen Inkompetenz, die immer dann auftritt, wenn es darum geht, selbst etwas zu lernen.
Wie geht jeder einzelne in der Unternehmensleitung damit um, dass ihm nicht nur Zeit, sondern auch Erfahrung, Wissen und Können für die direkte Unterstützung des gewünschten Lernprozesses fehlt und darüber hinaus das Risiko besteht die eigenen Erwartungen nicht zu erfüllen?
In diesem Zielkonflikt zwischen Lernen und Performen werden die Führungskräfte und Mitarbeiter in vielen Organisationen von ihrer Leitung mit Trainern und Coaches alleine gelassen. Besser wäre es jedoch, wenn sich die Unternehmensleitung selbst involviert und eigene Erfahrungen macht. Eine echte, authentische Lösung kann nur "von oben" kommen.

Eine echte Lösung für eine echte Herausforderung

Zwei Voraussetzungen sind für eine konkrete Lösung des oben genannten Dilemmas entscheidend:
1. "Oben" beginnt bei einer Person. Dem Vorsitzenden des Vorstandes bzw. der Geschäftsführung
2. Das Lernen erfolgt im Prozess des täglichen Managens. Im Einzelgespräch und in der Vorstands- bzw. Geschäftsführungssitzung
Hierfür sollte sich der Vorstandsvorsitzende folgende zwei Fragen stellen:
a. Was ist sein Anteil daran, dass es z.B. noch nicht genügend Eigeninitiative gibt?
b. Was kann er tun, um seine Kollegen in der Unternehmensleitung dabei zu unterstützen, nach ihrem Anteil an diesem Problem zu forschen?
Bei Punkt 2 geht es darum, im Rahmen von Regelterminen, in kleinen anwendbaren Schritten Ereignisse und Entscheidungen zu analysieren, die mit dem Thema, das sich ändern soll in Verbindung stehen. So werden Schritt für Schritt der Anteil und der Einfluss der Unternehmensleitung auf die Erreichung des Veränderungsziels sichtbar. Erfahrungsgemäß zeigen sich dabei, z.B. unterschiedliche Zielvorstellungen, unterschiedliche Werthaltungen, ungeprüfte Vorurteile, sowie Mängel in Kommunikation und Koordination in der Unternehmensleitung. Je besser die Analyse, umso klarer wird die erforderliche Verbesserung, die von der Unternehmensleitung ausgehen muss.
Erst wenn für die Unternehmensleitung die Wirkung Ihres Lernprozesses sichtbar wird, kann der Prozess auf die nächste Hierarchieebene übertragen werden. Damit ist die Unternehmensleitung selbst der Motivationsträger und übernimmt eine echte Führung in der Veränderung.

Herausgeber & Copyright: Johann Leitl

 

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