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Aus Fehlern lernen und Produktivität steigern -
in einer freundlichen Unternehmenskultur.
Geht das?

In jedem Unternehmen kommt es häufiger als einmal täglich vor, dass vereinbarte Ergebnisse nicht geliefert werden und alltägliche Vorgänge, wie z.B. Meetings, Kundengespräche und interne Informationsweitergabe unbefriedigend ausgeführt werden. Viele kleine, eventuell nicht so gravierende Fehler, die aber in der Summe zu viel Mehrarbeit und zu noch größeren Fehlern führen. Insbesondere in Unternehmen mit einer freundlichen Unternehmenskultur ist der Umgang mit diesen Fehlern eine schier unlösbare Herausforderung. Adressieren von unbefriedigender Leistung wird hier leicht als Gefährdung des Beziehungsgefüges und der Stimmungslage gesehen. Aus Fehlern lernen und Leistung verbessern ist damit kaum möglich, oder doch?

Die "Psychologen-Falle"

Unternehmen mit einer freundlichen Unternehmenskultur haben einen besonders hohen Anteil an "netten" Führungskräften. Diese Manager tun sich oft schwer im direkten Adressieren unbefriedigender Leistungen, denn sie befürchten, dadurch die gute Beziehung zu ihren direkt unterstellten Kollegen zu gefährden. Deshalb bevorzugen sie eine indirekte Herangehensweise. Ihre Fragen lauten: "Wie bekomme ich meine Mitarbeiter dazu, sich von selbst zu verbessern? Wie schaffe ich es, dass sie von selbst neue, effizientere Wege gehen und offen damit umgehen, was bei ihnen nicht optimal läuft?" Falls sie mit eigenen Antworten auf diese Fragen nicht weiter kommen, werden sie leicht zu einer idealen Zielgruppe für Berater und Trainer, deren Koffer gut gefüllt sind mit Konzepten und Rezepten für den richtigen Umgang mit Menschen, die nicht so recht mitmachen wollen. Schnell sind die Manager geschult im Umgang mit Verhaltens-Typologien, zirkulärem Fragen, emotionaler Intelligenz und gewaltfreier Kommunikation, um nur einige prominente Beispiele zu nennen. Begeistert von der Selbsterkenntnis und der Selbsterfahrung im Training kommen viele in den Unternehmensalltag zurück. Nur wenige können jedoch in der Praxis mit dem Therapeuten-Know-How etwas anfangen. Einige setzen das Gelernte manipulativ ein. Die meisten kommen jedoch über ihre Selbsterkenntnis nicht hinaus. Für diese Umsetzungsschwäche gibt es im Wesentlichen drei Gründe:
1. Die meisten Coaching-Methoden sind auf Verhaltensänderungen gerichtet und verleiten die coachende Führungskraft zu Annahmen, was sich bei seinem Mitarbeiter ändern sollte. Mit Annahmen über Menschen und ihr Verhalten ist es wie mit der Wahrsagerei. Meistens stellen sie sich später als unzutreffend heraus.
2. Das Coaching-Verhalten wirkt aufgesetzt, unecht und unglaubwürdig. Die Folgen sind bekannt. Die Anwender werden nicht ernst genommen.
3. Die Vermeidung des Risikos, die Beziehung zu den Kollegen zu gefährden, bleibt das wichtigere Ziel. Die eigene Unsicherheit im Umgang mit den neuen Methoden verstärkt die Risiko-Wahrnehmung.
Alle drei Gründe führen dazu, dass der anfängliche Elan versandet und die alten fehlerhaften Muster bestehen bleiben. Wie kann es gelingen, diese drei Gründe erst gar nicht zur Wirkung kommen zu lassen? Und was hilft freundlichen Führungskräften, die primär auf die Beziehungen zu ihren Kollegen achten?

Die Haltbarkeit bisheriger Überzeugungen ist abgelaufen

Der Aufbau und die Pflege guter Beziehungen in Führungssituationen gelingen am Besten mit gegenseitigem Interesse, Wertschätzung und freundlichem Umgang. Daran besteht kein Zweifel. Wie oben bereits ausgeführt sind dies jedoch nicht die geeigneten Grundlagen, um aus Fehlern zu lernen und aus alten Mustern herauszukommen. Um, wie bei einem Mentor, aus Fehlern zu lernen, sich zu verbessern und eine positive Wirkung auf die Beziehung zu erreichen, müssen folgende Haltungen im Vorgehen der Führungskraft zum Ausdruck kommen: 1. Ehrlichkeit, 2. Unvoreingenommenheit, 3. Objektivität, 4. Genauigkeit und 5. Ergebnisorientierung, statt Verhaltensorientierung.
Leider sind jedoch die meisten dieser fünf Elemente eher selten im Führungs-Alltag zu beobachten. Vor allem dann, wenn es um das Adressieren unbefriedigender Ergebnisse geht.
1. Ehrlich ist ein Vorgehen dann, wenn die Führungskraft sich selbst eingesteht, dass sie nicht weiß, wie das unbefriedigende Ergebnis zu Stande kam. In mehr als 80% der Fälle ist das Fakt.
2. Unvoreingenommen ist das Vorgehen einer Führungskraft dann, wenn sie ihre Vorurteile, Meinungen und Hörensagen über den betreffenden Mitarbeiter aus dem Spiel lässt und sie ihre Aussagen ausschließlich auf Fakten und eigene Beobachtungen bezieht. Sehr oft gibt es nur wenige Fakten und eigene Beobachtungen. Deshalb wird nur allzu gern auf Aussagen anderer zurückgegriffen.
3. Objektiv ist das Vorgehen einer Führungskraft dann, wenn sie der Frage "siehst du, was ich sehe?" ernsthaft nachgeht und so eine gemeinsame Basis für die darauf aufbauenden Verbesserungsschritte schafft.
4. Genau ist das Vorgehen einer Führungskraft dann, wenn bei der Analyse, wie es zu einem unbefriedigenden Ergebnis kam, Schritt für Schritt nachvollzogen wird und nichts ausgelassen wird. Oft steckt der entscheidende Hinweis für eine echte Verbesserung im Detail.
5. Ergebnisorientiert ist das Vorgehen einer Führungskraft dann, wenn sie sich nicht verleiten lässt, sich gleich auf Verhaltenskorrekturen zu konzentrieren, sondern sich zuerst fragt, "welches ist das Ergebnis, das nicht so wie erwartet, erzielt wurde?" Oft kommt dann die Erkenntnis, dass dem Mitarbeiter nicht klar gesagt wurde, welches Ergebnis erwartet wird.
Die Orientierung an diesen fünf Punkten führt in der Regel zu folgendem Ergebnis: Der Mitarbeiter sieht und hört, dass er ernst genommen wird, fühlt sich verstanden und bekommt eine Gesprächsleitung, mit der er selbst die nötigen Verbesserungen findet. Da der Mitarbeiter keine Vorwürfe und keine gut gemeinten Verbesserungsvorschläge von seinem Vorgesetzten erhält, kann er Vertrauen fassen und wird sich bei weiteren Fällen offen für ein klärendes Gespräch zeigen.

Der Moment der Wahrheit für freundliche Manager

Ob es zu einem solchen Gespräch kommt, zeigt, sich im Moment der Wahrheit. Das ist der Moment, in dem das abweichende Ergebnis sichtbar wird und die Entscheidung getroffen wird, ob die Abweichung adressiert wird oder nicht. Insbesondere Manager, die auf gute Stimmung und auf freundlichen Umgang Wert legen müssen sich, wenn sie bessere Ergebnisse erreichen wollen, in diesem Moment die entscheidende Frage stellen:
"Will ich eine Verbesserung der Ergebnisse, meines Mitarbeiters jetzt angehen und dafür eine kurzfristige Verschlechterung der Stimmungslage in Kauf nehmen?"
Es gibt Momente in der täglichen Arbeit einer Führungskraft, in denen kann nicht auf gute Stimmung geachtet und gleichzeitig ein schwieriges Thema angefasst werden. Wird die soeben gestellte Frage mit "Ja" beantwortet, dann fällt es leichter konsequent zu bleiben und das unangenehme Gefühl in Kauf zu nehmen, das auftaucht, wenn die Abweichung angesprochen wird. Für viele ist diese emotionale Hürde sehr hoch. Sie brauchen besonders viel Klarheit in der Beantwortung der oben gestellten Frage und besonders viel Disziplin, um klar zu bleiben und den unangenehmen Gefühlen nicht nach zu geben.

Der grundlegende Schritt zum Lernen aus Fehlern

Ob aus dem Adressieren von unbefriedigenden Ergebnissen ein Lernen und Verbessern entsteht, entscheidet sich im darauf folgenden Schritt. In diesem Schritt nennt der Manager das Ergebnis, das unter seinen Erwartungen liegt. Vorausgesetzt der Mitarbeiter kennt die an ihn gestellten Erwartungen, kann der Manager den Mitarbeiter jetzt fragen: "Sehen Sie das auch so?" Wahrscheinlich wird der Mitarbeiter nicht gleich mit einem "Ja" antworten, sondern Entschuldigungen vorbringen und Besserung versprechen. Damit wäre das Gespräch schnell und einvernehmlich beendet. Allerdings ohne die Gewissheit, was wirklich los war und ohne die Chance, zu lernen und sich zu verbessern. Erst wenn ein klares, eindeutiges "Ja" auf die Frage "Sehen Sie das auch so?" geäußert wird, sind beide, Mitarbeiter und Führungskraft, auf der gleichen Seite der Medaille. Ohne das zweite "Ja" gibt es keine Chance aus der Analyse der Abweichung etwas zu lernen. Solange der Mitarbeiter nicht zugibt, dass die Präsentation, die er gehalten hat, nicht die besprochenen Erwartungen erfüllt hat, können Führungskraft und Mitarbeiter nicht zusammen herausfinden, wie es zu dem unbefriedigenden Ergebnis kam. Lernen ist nur möglich, wenn beide die gleiche Sicht zu den Fakten und Ereignissen haben.

Fazit

Der oben beschriebene Weg ist kein neues "Schnellkoch-Rezept" für Führungskräfte ihre Mitarbeiter zu mehr Leistung zu bewegen. Dies ist ein neuer Weg. Ein Weg, der Vertrauen schafft, aber auch Klarheit und Konsequenz von der Führungskraft erfordert, statt bei unbefriedigenden Ergebnissen Konsequenzen für ihre Mitarbeiter zu fordern.

Herausgeber & Copyright: Johann Leitl

 

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